„Das Unmittelbare begeistert mich“

Martin Petschan ist neu im Wuppertaler Schauspielensemble. Ab dem 13. Oktober ist der 28-Jährige in„Bilder von uns“ im Theater am Engelsgarten zu sehen.

„Das Unmittelbare begeistert mich“
Foto: Kurt Keil

Wuppertal. Vom Ostseestrand ins Bergische Land - Martin Petschan hat für seine neue Stelle am Schauspiel Wuppertal einen ziemlichen Sprung gemacht. Während des Studiums an der Theaterakademie Vorpommern wohnte er in der Kleinstadt Anklam und im Kurbad Zinnowitz auf Usedom. Da ist Wuppertal wirklich eine andere Marke. Dachte der 28-Jährige dabei bisher an Pina Bausch und die Schwebebahn, überraschte ihn das Grün rundherum umso mehr. „Was ich an der Ostsee vermisst habe, habe ich hier - eine hügelige Landschaft“, freut sich Petschan. „Da schlägt das Wandererherz!“

Martin Petschan ist ein aufmerksamer Gesprächspartner. Vorsichtig wägt er die Worte ab, überlegt, bemüht sich stets um die treffende Formulierung. In seiner ersten Wuppertaler Premiere, Thomas Melles „Bilder von uns“, spielt er den Anwalt Johannes, der die Sprache zum reinen Machtwerkzeug degradiert. „Er benutzt die Sprache, um die Dinge klein zu reden und so umzuordnen, dass man damit leben kann“, erklärt Petschan. So, glaubt Johannes, könne er selbst die Wahrheit über den sexuellen Missbrauch an seiner ehemaligen Schule in Schach halten.

Gerade ein Schauspieler weiß, dass Worte oft nicht das Entscheidende sind. „Das Unmittelbare, das Sinnliche begeistert mich am meisten am Theater“, sagt Petschan. „Was ich liebe, ist das Improvisierte. Aus wenig viel machen. Der große Überbau interessiert mich nicht.“ Den lernte er von unterschiedlichen Seiten her kennen. Bevor er zur Theaterakademie an die Ostsee ging, assistierte er in den Bereichen Regie, Dramaturgie und Produktionsleitung. Seine Stationen waren unter anderem das Theater Basel und das Theater am Gärtnerplatz in München.

Martin Petschan über Wuppertal

Er habe sogar das Glück gehabt, meint Petschan, ein Opernlibretto zu schreiben. Für den Komponisten David Reichelt, der aus Shakespeares Tragödie von Romeo und Julia eine komische Oper machte, brachte er englische, italienische und deutsche Texte in eine elegante Reimform.

Nach der Arbeit hinter der Bühne entschloss sich Petschan, auf die Bühnenbretter zurückzukehren und - wie schon als Kind - selber für Unterhaltung zu sagen. „Es geht weniger um Eitelkeit als darum, andere Menschen glücklich zu machen“, betont er. „Ich habe immer wieder Bestätigung erfahren von Menschen, die sagten: Mach das! Die meinten: Wir wissen, dass du etwas Besonderes hast.“ Diese Unterstützung ebnete ihm den Weg. Sonst wäre aus Martin Petschan am Ende ein Mathematiker geworden. Der Schüler hatte ernsthaft über diese Möglichkeit nachgedacht.

Die weniger angenehmen Seiten des Schauspielerdaseins kennt Petschan natürlich auch. Wenn man ihn nach seiner Freizeit fragt, antwortet er prompt, er habe „zu wenig“. „Meine Geige ist in den letzten Jahren etwas vernachlässigt worden.“ Zum Joggen kommt er, denn Bewegung sei ihm wichtig. Vielleicht kann er ja auch bald mal die Wanderstiefel schnüren, um Wuppertal und Umgebung besser kennenzulernen.

Was er ebenfalls noch nicht kennt, ist das Wuppertaler Publikum. „Da bin ich sehr gespannt!“, nickt er. Sicher ist dagegen, dass seine Eltern zur Premiere von „Bilder von uns“ kommen. Martin Petschans Beschreibung nach handelt es sich bei ihnen um Theaterbesucher mit einem geübten Blick. „Meine Eltern sind Leute, die kluge Anmerkungen machen. Denen fällt auf, wenn etwas unlogisch ist.“

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