Das neue Gefängnis in Ronsdorf: Eine Stadt hinter Gittern

Ab August werden mehr als 500 junge Strafgefangene in der neuen JVA in Ronsdorf leben. Dort sollen sie eine Perspektive für die Zukunft bekommen.

Erbschlö. Eine Wohn- und Nutzfläche von 56.000 Quadratmetern, ein nagelneuer Kunstrasenplatz, eine Dreifachturnhalle samt Kletterwand und Muckibude: An der Parkstraße in Ronsdorf ist für 124 Millionen Euro eine kleine Stadt entstanden — hinter Gittern, 5,5 Meter hohen Mauern und Stacheldraht.

Nächste Woche wird die neue Jugendjustizvollzugsanstalt der Justiz übergeben. Zwei Monate lang werden die gut 250 Justizmitarbeiter Zeit haben, ihren Arbeitsplatz in- und auswendig kennen zu lernen. Erst dann — im August — werden die eigentlichen Hauptpersonen einziehen. 510 Haftplätze für junge männliche Gefangene aus ganz NRW sind in Ronsdorf gebaut worden.

Es dürfte das ehrgeizigste Projekt sein, dass es bislang gegeben hat. Denn all die jungen Straftäter sollen in der Mini-Stadt hinter Gittern eine Perspektive für die Zukunft bekommen. Und die heißt: Schulabschluss, Berufsausbildung und Sport. Deshalb gibt es drei nagelneue Werkshallen für die Lehrberufe Schlosser, Maler, Schreiner und Gebäudereiniger. Dafür wurden rund um das Gelände schicke Miniplätze für Volleyball, Basketball, Fußball und sogar Tennis gebaut. Was nach Urlaub klingt, ist pädagogisches Konzept für ganz schwierige Fälle. Wer als Jugendlicher oder Heranwachsender hinter Gittern landet, hat im Regelfall eine niederschmetternde Vita hinter sich und bringt eine prall gefüllte Strafakte mit.

An der Parkstraße dürften viele Bewohner erstmals so etwas wie ein geregeltes Leben mit einem vergleichsweise modernen Standard führen. Sammelzellen gibt es an der Parkstraße nicht. Doppelzellen (25) sind die Ausnahme. Die Insassen sind überwiegend in 10,3 Quadratmeter großen Einzelhafträumen untergebracht. Rauchen ist dort erlaubt — man stört ja keinen Anderen.

Dass alles glatt läuft, erwartet allerdings niemand. Wer randaliert, muss in eine der „Schlichtzellen“ umziehen. Dort ist die Toilette aus Edelstahl, das Regal aus Beton — unkaputtbar. Und es gibt auch noch die fünf besonders gesicherten Haftzellen, hinter vorgehaltener Hand „Gummizellen“ genannt. Ein kahler Raum von 15 Quadratmetern, ohne Bett aber mit Fußbodenheizung, damit sich der Gefangene keine Unterkühlung einfängt. Und natürlich läuft die Kamera immer mit.

Die NRW-Justiz setzt auf den Mix aus Intimsphäre und sozialer Nähe. Gemeinschaftsduschen sind Geschichte. Die gibt’s an der Parkstraße nur noch in der Sporthalle, ansonsten wird solo geduscht. Doch auf „ihrem“ Flur haben die Insassen Gelegenheit, von 6 Uhr (Weckzeit) bis 22 Uhr (Schließzeit) im „Wohngruppenvollzug“ einen normalen Umgang zu lernen.

Auch dem demografischen Wandel in Deutschland trägt der millionenschwere Wuppertaler Vorzeigeknast Rechnung: Im „Kulturzentrum“ der Anlage ist Raum für Bühnenprogramme, Ausstellungen und für die Ausübung der jeweiligen Religion. Für Muslime ist direkt gegenüber des Gebetsraums eine Fußwaschanlage installiert worden.

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