Analyse Das Chaos in Düsseldorf gefährdet Wuppertal

Die Stadt verlangt zu Recht mehr Geld für Flüchtlingsversorgung.

Wuppertal. Das Verfahren ist bemerkenswert und wirft ein bezeichnendes Licht auf die Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen. Offenbar völlig überfordert vom seit Monaten bekannten Flüchtlingsstrom in Europa, hat Düsseldorf Städte wie Aachen, Mönchengladbach, Mülheim, Remscheid und zuletzt Wuppertal gezwungen, von heute auf Morgen Flüchtlinge zu versorgen. Wuppertal schaffte das es unter Ächzen. Aber die Grenzen der Möglichkeiten sind nun erreicht.

Das gilt weniger für Wohnungen, die weiter von der Stadt angemietet werden, um Asylbegehrende dezentral, also nicht in Heimen unterbringen zu können. Es gilt aber umso mehr für die finanziellen Spielräume. Die hat Wuppertal nicht.

Deshalb fordert Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) von Bund und Land zu Recht mehr Beteiligung an den Kosten. Die schwankt von Bundesland zu Bundesland. Während etwa Bayern die Unterbringung ganz bezahlt, übernimmt Baden-Württemberg 70 bis 85 Prozent der Kosten, in Schleswig-Holstein sind es grundsätzlich 70 Prozent aller anfallenden Kosten. Wuppertal wird vom Land NRW mit 24 Prozent unterstützt.

Zuwanderungspolitik ist nicht Angelegenheit von Ländern und Gemeinden. Sie wird in Berlin gemacht — oder auch nicht. Dort fällt die Entscheidung, wie viele Menschen in Deutschland vorübergehend oder dauerhaft ein Zuhause finden. Zwangsläufig müssten deshalb auch sämtliche Kosten übernommen werden, die Ländern und Kommunen durch die Versorgung entstehen. Tatsächlich hat der Bund für dieses Jahr seine Kostenbeteiligung auf eine Milliarde Euro verdoppelt.

Das reicht aber bei weitem nicht aus, um die tatsächlichen Ausgaben zu decken. In den Verhandlungen zwischen Bund und Land über die Unterbringung von Flüchtlingen wurden die Kosten pro Asylbewerber und Jahr auf 12500 veranschlagt. Für die derzeit etwa 3000 Asylbegehrenden in Wuppertal entstünden demnach Gesamtkosten von 37,5 Millionen Euro. Weil die Zahl der Personen aber schwankt, geht Stadtkämmerer Johannes Slawig für dieses Jahr von Kosten in Höhe von 27 Millionen Euro aus, von denen 22 Millionen Euro aus dem Haushalt der Stadt bezahlt werden müssen.

Das gefährdet die Konsolidierung des Etats und damit die Vereinbarung, die Wuppertal im Stärkungspakt mit dem Land NRW getroffen hat. Düsseldorf unterstützt Wuppertal mit bisher 203 Millionen Euro und verlangt dafür, dass die Stadt ihren Haushalt bis 2017 ausgleicht und ab 2021 keine neuen Kredite aufnimmt.

Beide Ziele sind laut Slawig und Jung nicht erreichbar, wenn die Kommunen in der Flüchtlingsunterbringung nicht deutlich entlastet werden.

An der grundsätzlichen Hilfsbereitschaft Wuppertals ändert das nichts. „Wir wollen uns um die Menschen kümmern, die an Leib und Leben bedroht sind“, sagt Oberbürgermeister Jung und fordert gleichzeitig schnellere Asylverfahren für Menschen aus den sogenannten sicheren Herkunftsländern.

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