Prozess Dachstuhlbrand in Wuppertal: Urteil gegen Dachdeckermeister gefällt

Ronsdorf · Ein Dachdeckermeister musste sich am Freitag vor dem Amtsgericht verantworten. Ihm wurde vorgeworfen, fahrlässig einen Brand ausgelöst zu haben. Das Urteil steht nun fest.

 Die Feuerwehr bekämpfte das Feuer mit zwei Drehleitern.

Die Feuerwehr bekämpfte das Feuer mit zwei Drehleitern.

Foto: Tim Oelbermann

Die Rauchwolken waren damals weit zu sehen: Im Juni 2020 stand an der Dickestraße in Ronsdorf der Dachstuhl eines Einfamilienhauses in Flammen. Jetzt musst sich dafür ein Dachdeckermeister vor dem Amtsgericht verantworten.

Das Gebäude wurde damals renoviert, war aber nicht bewohnt. Der heute 34-jährige Dachdecker aus Arnsberg führte dabei Handwerksarbeiten an dem Haus durch. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, beim Löten während der Dacharbeiten den Brand ausgelöst zu haben. Weil er die „erforderliche Sorgfalt“ außer Acht gelassen habe, lautete der Vorwurf: Fahrlässige Brandstiftung.

Der Angeklagte erklärte, er habe alle Arbeiten nach „Standardverfahren“ ausgeführt, und schilderte dem Richter genauestens den Hergang. Beim Löten der Traufbleche an der Dachkante habe er regelmäßig die Temperatur überprüft. Als er bei einem solchen Kontrollgang Qualm roch, habe er seinen Kollegen verständigt und mit ihm sowohl das Feuer zu kontrollieren versucht als auch umgehend die Feuerwehr verständigt. „Ich muss im Nachhinein sagen: Wir haben noch Leib und Leben riskiert, um das Ding zu retten“, sagte er. Als die Feuerwehr eintraf, wurden die beiden Handwerker in den Rettungswagen und später ins Krankenhaus gebracht, weil sie durch das Rauchgas leicht verletzt worden waren.

„Es kann immer etwas passieren“

Die Aussage des Handwerkers deckte sich mit denen der Zeugen. Zunächst verbürgte sich der Betreiber der Dachdeckerfirma, bei der der Angeklagte angestellt war, für dessen Vertrauenswürdigkeit. Sein Geselle, der den Brand an Ort und Stelle miterlebt und -bekämpft hatte, tat es ihm gleich. „Das war ein ganz normaler Arbeitsablauf. Alles wie immer“, erinnerte sich der Handwerker. Einige Suggestivfragen der Verteidigerin beantwortete er ebenfalls zugunsten des ehemaligen Kollegen: „Es kann immer was passieren. Man versucht halt, die Gefahr so gut wie möglich zu minimieren.“ Das habe der Angeklagte stets auf „umsichtige“ Weise getan.

Auch eine Spaziergängerin, die den Vorfall zufällig beobachtete, legte ihre Hand für ihn ins sprichwörtliche Feuer. Sie selbst habe gesehen, wie der Brand in kürzester Zeit von einem Glutnest in hohe Flammen umschlug; schon davor habe der Dachdecker mit Feuerlöscher und Gartenschlauch sein Bestes gegeben. „Die Nachbarn und ich haben ihn sogar nach unten gerufen, aber er ist bis zuletzt oben geblieben.“

Ein Sachverständiger für die Ermittlung von Brand- und Explosionsursachen war am Tag nach dem Vorfall zur Begutachtung bestellt worden. Vor Gericht schloss auch er nicht aus, dass ein Glutnest auch bei sorgfältigem Vorgehen entstehen könne – etwa durch sogenanntes Hartlot, das durch unvermeidliche Spalten tropfen kann.

Jedoch kam er zu dem Schluss, dass die Glut vor dem Brand mindestens eine Stunde geschwelt haben muss. Das hätte vorher gerochen werden können, meinte er. Weil es sich aber nicht um geruchsintensives Brennmaterial handelte und die Nase nicht objektiv bewertet werden kann, wurde auch dieser letzte Verdacht ausgeräumt. Ohne Einwände der Staatsanwältin sprach der Richter den Dachdeckermeister frei.

Für diesen bedeutet das Feuer trotz des befreienden Urteils eine Zäsur. Weil der Vorfall ihn sehr belastet hatte, verließ der Vater zweier Kinder wenige Monate nach dem Brand freiwillig die angestammte Dachdeckerfirma und wechselte in die Industrie.

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