Über 50 Prozent Neufälle durch Omikron Wuppertal erwartet nächste Woche Inzidenzwerte von 600 bis 800

Wuppertal · Der rasante Anstieg der Corona-Infektionen in Wuppertal hat die Stadt nun dazu bewegt, weitere Maßnahmen einzuleiten. Die Situation wird für die kommenden Tage als sehr kritisch eingestuft.

 Krisenstabsleiter Johannes Slawig blickt besorgt auf den Schulstart.

Krisenstabsleiter Johannes Slawig blickt besorgt auf den Schulstart.

Foto: dpa/Guido Kirchner

Die erfassten Corona-Neuinfektionen in Wuppertal sind sprunghaft angestiegen. Am Mittwoch verzeichnete die Stadt bis 17.30 Uhr 418 neue Fälle, am Montag hatte diese Zahl noch bei 239 gelegen. Die aktuelle Sieben-Tages-Inzidenz lag am Mittwoch bereits bei 448,2, das Robert-Koch-Institut meldete am Donnerstagmorgen einen Wert von 448,7. Der Wert dürfte angesichts der aktuellen Entwicklung in den nächsten Tagen deutlich ansteigen. Der Wuppertaler Krisenstab rechnet mit Inzidenzwerten von 600 bis 800 in der kommenden Woche. Die Stadtspitze blickt mit Sorge auf diese Entwicklung.

Aktuell sind fast 2300 Wuppertaler gleichzeitig infiziert, mehr als 3800 in Quarantäne. Krisenstabsleiter Johannes Slawig sagt: „Das ist ein Zeichen dafür, dass die Omikron-Welle auch voll in Wuppertal zuschlägt.“ Die Stadt ordnet deshalb an, dass für das Betreten aller öffentlichen Gebäude die 3G-Regel verpflichtend ist. Außerdem müssen FFP-2-Masken getragen werden.

„Unser Ziel ist es, Kontakte in städtischen Gebäuden möglichst zu vermeiden, damit keine Infektionsketten entstehen. Bei einer Zahl von 5000 Mitarbeitern, die private Kontakte haben, wird die Omikron-Welle aber auch an der Verwaltung nicht spurlos vorbeigehen“, sagt Krisenstabsleiter Johannes Slawig. „Es wird uns genauso treffen wie andere Organisationen. Darauf haben sich die einzelnen Abteilungen mit Notfallplänen vorbereiten müssen.“

Mit Beginn des Schulbetriebs wird der Inzidenzwert steigen

Gesundheitsdezernent Stefan Kühn verweist darauf, dass am Mittwoch erneut ein Höchstwert bei der Zahl der Neuinfektionen an einem Tag seit Beginn der Pandemie erreicht ist und sich die Zahl der täglichen Neuinfektionen innerhalb einer Woche verdoppelt hat. „Wir bereiten uns auf Inzidenzzahlen von 600 bis 800 in der kommenden Woche vor.“ Nach Angaben von Gesundheitsamtsleitern Ute Wenzel zeigt sich derzeit eine deutliche Zunahme der Infektionen bei den 15- bis 44-Jährigen.

Kühn hatte eigentlich die Hoffnung, dass der Inzidenzwert zunächst noch weiter sinkt. Während der Ferien, in denen die Kinder und Jugendlichen nicht getestet werden, war der Anteil der unter 20-Jährigen bei den positiv Getesteten zunächst von 40 auf 16 Prozent gesunken, liegt nun aber wieder bei 27 Prozent – weil die Kitas wieder geöffnet seien, so Kühn. Deshalb erwartet er: „Wenn die Schule wieder losgeht, werden wir eine Riesenwelle erleben.“

Schulministerin will Präsenzunterricht

Krisenstabsleiter Slawig ist skeptisch, ob angesichts der Zahlen ein Präsenzunterricht aufrecht erhalten werden kann: „Da mache ich ein großes Fragezeichen dran.“ Ihm wäre es lieber, vor dem Schulstart entsprechende Regelungen zu treffen als später aus der Not den Präsenzbetrieb wieder einstellen zu müssen.

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer hat am Mittwoch für den Schulstart am kommenden Montag erklärt: „Es findet Präsenzunterricht statt.“ Ein Wechselunterricht, bei dem kleinere Gruppen abwechselnd die Schule besuchen, bedeute eine hohe Belastung der Lehrkräfte und brauche zusätzliche Betreuung. Werde Kontaktreduzierung nötig, sei nur Distanzunterricht sinnvoll, „aber Präsenzunterricht ist oberstes Gebot“, betonte die Schulministerin. Die Maskenpflicht bleibe in den Schulen bestehen.

Richard Voss von der Lehrergewerkschaft GEW beklagt, dass die Schulen erneut mit einer unsicheren Lage umgehen müssen. Als Schulleiter begrüße er, dass die Schulen offenbleiben sollen. Dennoch wünscht er sich auch Konzepte für die nächsten Wochen: „Man muss Alternativen bereithalten.“ Modelle wie Wechselunterricht oder die Frage, ob der Unterricht reduziert werden kann, sollten zumindest erwogen werden. Er würde es etwa begrüßen, wenn den Schulen dabei mehr Freiheiten gegeben würde.

Schon jetzt sind nach Angaben von Stefan Kühn mehr als die Hälfte der Neuinfektionen durch Omikronvariante verursacht – mit steigender Tendenz. Er erklärt, dass die erwarteten hohen Zahlen auch einen immensen Aufwand für das Gesundheitsamt bedeuten: „Bei durchschnittlich 15 Kontaktpersonen je infizierter Person wären bei 400 Positivmeldungen täglich 6000 Kontaktpersonen zu kontaktieren.“

Oberbürgermeister appelliert an Eigenverantwortung der Bürger

Ab dem Schulstart rechnet Kühn mit bis zu 100 weiteren Fällen pro Woche. Dann müsse das Gesundheitsamt priorisieren, sich zunächst um Altenheime, Krankenhäuser und Behinderteneinrichtungen kümmern. „Andere, wie etwa Schulen und Kitas, werden in dieser Situation anhand der Vorgaben des Landes noch eigenverantwortlicher als bisher die notwendigen Schritte einleiten müssen“, so Kühn.

„Mit den heutigen Beschlüssen setzt die Stadt klare Signale in einer sehr kritischen Situation“, betont Oberbürgermeister Uwe Schneidewind. „Das Signal an die Bürgerinnen und Bürger: Wenn alle Aufgaben nicht mehr zu bewältigen sind, dann hat der Schutz der Schwächsten oberste Priorität, und von allen anderen ist mehr Eigenverantwortung gefordert.“

Deshalb müssen Menschen mit einem positiven Befund jetzt selbst umgehend alle Kontaktpersonen informieren, diese Personen sich eigenverantwortlich absondern und testen lassen. Dies sehe die Test- und Quarantäneverordnung des Landes ohnehin als gesetzliche Pflicht vor, erklärt Kühn, in anderen Kommunen sei das schon länger so. Ein Meldeformular auf der Homepage der Stadt erleichtert die notwendige Rückmeldung an das Gesundheitsamt. Auch um Schulen und Kitas könne sich das Gesundheitsamt weniger kümmern. Für sie sind die Vorgaben des Landes maßgeblich, etwa bei der Frage, wann Kinder in Verdachtsfällen nach Hause zu schicken sind.

In den Wuppertaler Krankenhäusern werden zurzeit 56 Coronapatienten behandelt, 17 davon auf der Intensivstation. Innerhalb einer Woche gab es vier weitere Todesfälle. Kühn berichtet, dass unter den schwer Erkrankten und den Todesfällen die Ungeimpften überproportional vertreten sind. Er warnt zudem: Zwar sehe es derzeit so aus, als müssten von den mit Omikron Infizierten weniger ins Krankenhaus. „Aber wenn die Zahl der Infektionen insgesamt steigt, können wir trotzdem schnell an die Überlastungsgrenze kommen.“

Johannes Slawig erwartet von der Bund-Länder-Konferenz am Freitag weitere Verschärfungen der Corona-Maßnahmen. Etwa weitere Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte.

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