Gesundheit Corona-Lockerungen: „Eine fragile Situation“

Wuppertal · Bundestagsabgeordneter Jürgen Hardt (CDU) stellte im Videochat die Strategie der Bundesregierung vor.

 Jürgen Hardt (CDU) im Deutschen Bundestag.

Jürgen Hardt (CDU) im Deutschen Bundestag.

Foto: picture alliance/dpa/Jörg Carstensen

Viele Menschen wünschen sich schnell weitere Lockerungen der aktuell geltenden Corona-Einschränkungen. Doch genau davor warnt Jürgen Hardt (CDU), Bundestagesabgeordneter für Solingen, Remscheid und Wuppertal. In einer Videokonferenz referierte er für seinen Wahlkreis über einen Vortrag mit dem Titel „Die Strategie gegen Corona“, der ursprünglich von Helge Braun, Chef des Bundeskanzleramts, gehalten wurde.

Hardt gab zu bedenken, dass die aktuellen Corona-Zahlen der tatsächlichen Entwicklung auf der Straße hinterherhinken. „Die Intensivpatienten, die in drei Wochen behandelt werden, stecken sich heute an“, sagte Hardt. Daher können die Auswirkungen der Geschäfts- und Schulöffnungen auch erst in frühestens ein bis zwei Wochen in der Statistik sichtbar werden.

Die aktuelle Lage biete keinen Spielraum für Experimente. Hardt sagt: „Alle Experten warnen davor.“ Der Bundestagsabgeordnete stellte klar: „Das ist eine fragile Situation.“ Das belegte er mit den Zahlen aus dem Bundeskanzleramt. Derzeit liegt die Corona-Reproduktionszahl bei ungefähr 1. Bedeutet: Jeder Erkrankte infiziert im Schnitt eine weitere Person. Sollte der Wert so bleiben oder weiter gesenkt werden, wird die aktuell verfügbare Zahl von 15 000 Intensivbetten ausreichend sein. Doch die Grafik aus dem Bundeskanzleramt zeigt: Verschiebt sich der Wert lediglich auf 1,3 - also zehn Infizierte stecken 13 Gesunde an - dann bräuchte Deutschland rund 90 000 Intensivbetten und es käme zu einer Überlastung des Gesundheitssystems.

Auch machte Hardt deutlich, dass es keine Strategie sein kann, eine Immunität bei 50 Prozent der Deutschen aufzubauen. Um dieses Ziel in 18 Monaten umzusetzen, müssten sich rund 73 000 Menschen täglich neu infizieren. Helge Braun zieht in seiner Präsentation ein eindeutiges Fazit: Diese Größenordnung lässt sich nicht steuern, überfordert das Gesundheitssystem und führt zu hohen Todesraten. Die erklärte Strategie könne daher nur sein, die täglichen Neuinfektionszahlen konstant zu halten.

Hardt ist skeptisch gegenüber
einer generellen Öffnung

Wie weitere Lockerungen aussehen könnten, wollte Matthias Heidtmann von der Remscheider CDU wissen. Er sprach Fitness-Studios an, aber auch Reha-Einrichtungen. Doch Hardt gab sich weiterhin „skeptisch gegenüber generellen Öffnungsschritten“. Unbedingt solle man zunächst die Auswirkungen der aktuellen Lockerungen abwarten. Er könne sich aber schon vorstellen, dass bald wieder mehr möglich ist, wenn gewisse Einschränkungen einstudiert und von der Bevölkerung umgesetzt werden. Hardt: „Je besser wir lernen mit der Situation umzugehen, desto einfacher fällt es uns, zu akzeptieren, dass sie länger dauern könnte.“

Arno Hadasch aus der Wuppertaler CDU-Fraktion fragte, ob es die richtige Strategie sei, zum jetzigen Zeitpunkt wieder Intensivbetten für Patienten nach geplanten Operationen freizugeben. Hardt machte jedoch deutlich, dass es im Moment genügend Betten gibt, die für Corona-Patienten freigehalten werden, aber eben noch nicht in Nutzung sind. Und er gab zu bedenken: „Wir zahlen aus der Steuerschatulle 560 Euro am Tag an die Krankenhäuser für jedes leere Intensivbett.“

Markus Meyer (Solinger CDU) fragte nach Ansätzen für die Eventgastronomie. Hardt konnte da nicht viel Hoffnung machen: „Ich sehe über lange Zeit nicht, dass wir wieder zusammen an der Bar stehen.“

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