Club Theatersilber: Antworten fürs Publikum

Wuppertaler Bühnen: Der Club ist ein Treffpunkt für ältere Theater-Freunde. Die WZ war dabei.

Wuppertal. Marco Wohlwend mutiert im September zur Hexe. Das ist nicht die einzige Neuigkeit, die 30 Bühnenbegeisterte an diesem Nachmittag im Opernhaus erfahren. Bevor Wohlwend auf dem Podium Platz nehmen und aus dem Nähkästchen plaudern wird, schleicht sich der Ensemble-Schauspieler erst einmal durchs Foyer von hinten heran, fasst der einen oder anderen Dame von hinten an die Schulter und singt inbrünstig: "Ich kann mir nichts Schöneres denken als dir mein Herz zu schenken."

Die auserkorenen Damen sind irritiert, die Männer neben ihnen nicht weniger. Skeptisch beäugen sie den 40-Jährigen. Wer zum "Club Theatersilber" gehört, kennt sich zwar in der Theaterwelt aus. Aber so etwas dürften selbst die erfahrensten der reifen Bühnen-Liebhaber noch nicht erlebt haben.

Nach dem spektakulären Auftritt erzählt Wohlwend auf dem Podium, wie er in dieser Spielzeit sogar in einer Oper mitspielte. "Das hat großen Spaß gemacht", sagt der Schweizer, der in der "Griechischen Passion" eine Sprechrolle hatte. "Allerdings nur, weil ein Kollege kurzfristig krank wurde." Planmäßig wird er, wie gesagt, im September zur Hexe. "Macbeth" macht’s möglich.

Doch zurück zur Oper: "Wer war bei der letzten Premiere?" Club-Leiter Heinz-Theodor Jüchter möchte es wissen, prompt gehen etliche Arme hoch. Eine Zuhörerin, die den Doppel-Abend ("Eine Florentinische Tragödie"/"Gianni Schicchi") erlebt hat, hakt gleich nach: "Obwohl auf Deutsch gesungen wird, hätte ich mir Übertitel gewünscht. Weshalb gibt es keine?"

Ein Thema, das Johannes Blum auf den Plan ruft. "Wir überlegen uns sehr genau, wann Übertitel Sinn machen und wann sie ablenken", sagt der Musikdramaturg. "Außerdem hatten wir bei der Matinee eine Umfrage gemacht - 90 Prozent haben gegen Übertitel gestimmt." Wo die Verantwortlichen schon einmal so nah sind, kommt direkt die nächste Frage. "In der ,Lotterie in Babylon’ habe ich mich über die braune Brühe gewundert", sagt eine Zuhörerin. "Soll die etwas symbolisieren?" Dramaturg Oliver Held: "Die Figuren stehen in einer Schlammwanne. Die Brühe steht für Häuser, die Menschen nicht zu Ende bauen können. Das Stück handelt ja von finanziellen Nöten."

Neben solchen Details geht es auch um das große Ganze - vor allem darum, ob die neue Ästhetik der Wuppertaler Bühnen das Publikum nicht überfordere. Wohlwends Gegenfrage: "Möchten Sie ,Faust’ sehen, wie Sie das Stück schon zehn Mal erlebt haben, oder möchten Sie etwas Neues sehen?" Held ergänzt, dass es in der neuen Spielzeit mehr Klassiker gebe, betont aber auch, wie wichtig das Kleine Schauspielhaus als Experimentier-Bühne sei. Und für den Fall, dass Erklärungsbedarf besteht, gibt es ja den "Club Theatersilber"...

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