Nachhaltigkeit Wie kommen weniger Konzert-Besucher mit dem Auto?

Wuppertal · Teilnehmer des Climathons sollen Ideen dafür entwickeln, die am Weltumwelttag bei einem Konzert umgesetzt werden sollen.

 Benjamin Reissenberger, Heike Topole und Swanhild Klink möchten Wege finden, damit weniger Zuhörer mit dem Auto kommen müssen.

Benjamin Reissenberger, Heike Topole und Swanhild Klink möchten Wege finden, damit weniger Zuhörer mit dem Auto kommen müssen.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Die Stadthalle hat 700 Parkplätze in der direkten Umgebung. Und die sind bei Konzerten des Sinfonie-Orchesters alle voll. Entsprechend der bis zu 1500 Gäste, die die Stadthalle fasst. Wenn 700 Menschen mit Partnern im Auto kommen, sind die Parkplätze und Plätze in der Halle nachezu deckungsgleich. Dabei ist das ÖPNV-Ticket Teil der Konzertkarte. Aber wieviele dieses nutzen, weiß man nicht. Dass aber die Parkplätze voll sind, das weiß man.

Aber Stadthalle und Sinfonie-Orchester wollen an dem Zustand etwas ändern. Sie haben sich gemeinsam als „Challenge-Geber“ beim Climathon angemeldet, der in diesem Jahr zum zweiten Mal in Wuppertal stattfindet. Der Climathon ist ein 24-stündiger Ideen-Marathon, bei dem lokale Problemstellungen zum Klimaschutz bearbeitet werden. Datum ist dieses Jahr der 24. und 25. Oktober. Die Frage von Stadthalle und Orchester ist: „Wie können wir eine klimafreundliche Anreise unserer Konzertbesuchern fördern?“

Das Besondere: Die Ideen, die in den 24 Stunden entstehen, sollen bei einem Konzert am 5. Juni – zum Weltumwelttag und dem „Beethoven Pastoral Project“ – umgesetzt werden. Die Climathon-Teilnehmer dürfen sich also auf eine praxisnahe Aufgabe freuen.

Die Idee kam auf
vielen Wegen zustande

Von Seiten der Stadthalle und des Sinfonieorchesters stehen Heike Topole, Nachhaltigkeitsmanagerin der Stadthalle, und Benjamin Reissenberger, Orchestermanager, hinter der Aktion. Die Idee kam auf verschiedenen Wegen zusammen. Einerseits bereitet das Sinfonie-Orchester eben die Teilnahme am „Beethoven Pastoral Project“ vor, bei dem die 6. Sinfonie, die „Pastorale“, aufgeführt wird, und bekennen sich damit dem Stück entsprechend zu Natur, Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Im Zuge dessen hat Reissenberg mit Uwe Schneidewind gesprochen, der ja zeitweise die Leitung der Oper von Berthold Schneider übernommen hatte. Er wollte mehr auf die Beine stellen als nur das Stück zu spielen. Zur selben Zeit fragte Swanhild Klink, Organisatorin des Climathons von der Neuen Effizienz, bei der Stadthalle nach, ob man dort nicht eine Idee, eine „Challenge“, beisteuern wolle. Heike Topole fragte bei Reissenberger an. Und so wurde ein Schuh daraus.

Topole sieht es als geboten, dass sich das Bewusstsein für Mobilität ändert. Mit den vielen Parkplätzen, den Kosten von 4 Euro für einen Platz während eines Konzerts und der ungünstigen ÖPNV-Taktung sei das aber schwierig. „Der Mensch ist eben bequem, und bewegt sich so fort, wie es am einfachsten ist“, sagt sie. Und so müssen die Gruppen, die sich Ende Oktober für 24 Stunden mit der Frage auseinandersetzen, klären, wie man Menschen dazu bringen kann, mit dem ÖPNV anzureißen.

„Wenn alles gut läuft haben wir danach eine Blaupause“, sagt Reissenberger – eine Vorlage, die man auf andere Orte und Veranstaltungen, andere Städte übertragen kann.

Die Teilnehmer des Climathons werden aber nicht aus dem hohlen Bauch überlegen und entscheiden. Die insgesamt rund 80 erwarteten Teilnehmer, die sich mit insgesamt drei verschiedenen Aufgaben auseinandersetzen, werden im Design-Thinking-Verfahren professionell angeleitet, ein kreatives und offenes Verfahren, das vor allem nutzerorientierte Ergebnisse liefern soll. Sie bekommen Zahlen und Fakten von den Stadtwerken geliefert, zudem sind Reissenberger und Topole vor Ort, um von Stadthalle und Sinfonie-Orchester und dem Publikum zu berichten. Einige aus diesem möchte Reissenberger auch direkt einbinden. Klink hat angekündigt, noch bei der Stadt anzufragen, ob sich jemand in Sachen Parkgebühren und -flächen dazufinden könnte.

Im Publikum sehen Reissenberger und Topole die größte Hürde, eine schwer zu erreichende Zielgruppe. Denn die Abonnenten seien größtenteils Rentner. „Das ist auch gut, denn sie haben die Muße, sich mit der Kunst auseinanderzusetzen“, sagt Reissenberger, gleichwohl seien sie schwerer für neue Mobilitätskonzepte zu erwärmen und schwerer zu erreichen. Was teils auch an den Daten auf Seiten der Bühnen liegt. „Es gibt Menschen, die haben seit 40 Jahren ein Abo“, sagt Reissenberger. „Von denen haben wir nur ganz rudimentäre Kontaktdaten.“ Und dann seien da noch die unregelmäßigen Kunden, die datentechnisch anonym Karten für Konzerte in der „Kulturkarte“ kaufen. Reissenberger sagt, man brauche aber ein Gefühl, in welchen Quartieren die Menschen leben, um die Gruppen richtig anzusprechen und spezifische Lösungen anzubieten. Dazu komme auch die Frage, ob die Stadtwerke mitspielen und Angebote machen können, mit denen die Menschen gut hin und zurück kommen. Der Idealfall wäre, dass die Ergebnisse keine Eintagsfliege sind. Aber dafür müsse auch geklärt werden: „Welchen Einfluss haben wir als Stadthalle und Orchester?“ Und andersherum: Was tun die, die Einfluss haben?

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