„City Scheune“ in Wuppertal Einlagern, wenn es zu Hause eng wird

Lagerräume sind ein wachsender Markt. Tim Nies vermietet solche am Arrenberg und baut nach zwei Jahren schon aus.

 Tim Nies möchte seine Lagerräume ausbauen, im Keller 90 zusätzliche Boxen installieren.

Tim Nies möchte seine Lagerräume ausbauen, im Keller 90 zusätzliche Boxen installieren.

Foto: Fischer, Andreas

Hinter roten Türen eine ganze Welt. Es sind knapp 120 Türen, hinter denen Tim Nies (33), der die „City Scheune“ als Lagerhaus fürs Selbsteinlagern (Self Storage) betreibt, Menschen Teile ihres Lebens einlagern lässt. Teile ihrer Welt.

Eng gepackt – auf Flächen zwischen weniger als einem und 15 Quadratmetern. Nies sagt, um den Inhalt einer Wohnung einzulagern, „braucht man 10 bis 15 Prozent der Wohnfläche“. Also kann man auf 15 Quadratmetern schon eine 150 Quadratmeter große Wohnung einlagern. Der Langenfelder weiß, viele überschätzten den tatsächlichen Bedarf. Viele denken, sie bräuchten mehr Platz. Aber es ist eben alles eine Frage der Organisation.

Nies hat Wirtschafts- und Organisationswissenschaften an der Universität der Bundeswehr in München studiert. War Soldat bis 2016. Eine Erkrankung hat ihn dienstunfähig gemacht. Aber etwas aufbauen wollte er trotzdem. Mit seinen Eltern verwaltet er die Immobilie des Arrenberg Centers an der Güterstraße. Als sich abzeichnete, dass 1000 Quadratmeter dort nicht genutzt werden würden, hat Nies das selbst getan – für die „City Scheune.“ Das war 2018. Heute lässt er den Keller ausbauen. Will rund 90 weitere Boxen installieren. Der Markt wächst.

Das geht auch aus den Zahlen des Verbands deutscher Self Storage Unternehmen in Hamburg hervor. 2009 habe es gerade 47 Premium-Anlagen gegeben, 2019 seien es schon 136 gewesen. In den USA soll es etwa 50 000 solcher Anlagen geben. Der Trend kommt von dort, er entwickelte sich in den 60er Jahren. Schwappte nach Europa – England, Frankreich, Niederlande. Tim Nies hat zwischen Studium und Selbstständigkeit nach etwas gesucht, was er machen möchte. Nach Trends aus den USA, die hier noch durchstarten könnten. Hat Branchenstudien gelesen, einen Businessplan entwickelt – und dann zugeschlagen, als am Arrenberg der Platz frei geblieben ist.

Die Marktentwicklung wird durch mehrere Faktoren begünstigt

In Wuppertal ist Nies nicht alleine. Das Unternehmen Shurgard sitzt etwa an der Friedrich-Engels-Allee, bietet 507 Lagerräume auf drei Etagen. Oder an der Hatzfelder Straße gibt es das Wupperlager.

Die Marktentwicklung wird laut Nies durch einige Faktoren begünstigt. „Zuzug in eine Stadt ist generell ein positives Signal“, sagt Nies. Weil Zuzug den Raum verknappe. Weniger Leerstand führe generell zu mehr Auslagerungsbedarf. Hinzu käme der Trend zu mehr Singlehaushalten. „Die Leute wollen möglichst kleine Wohnungen, merken aber mit der Zeit, dass der Lagerraum fehlt“, erklärt er.

In Altbauten seien die Keller häufig feucht, bei Neubauten müssten immer auch eine gewisse Menge an Parkplätzen mitgebaut werden – gerne im Keller. Das verknappt die Lagerfläche dort.

Gerade in Wuppertal weiß Architekt Markus Rathke, dass Neubauten besondere Herausforderungen mit sich bringen, was Keller angeht. Häufig müsse in Hanglage gebaut werden. Das sei teuer. „Der Baugrund ist widrig, das macht Unterkellerungen noch teurer“. Bei Eigentumswohnungen sei das noch preislich reinzuholen, bei Mietwohnungen – bei denen es ohnehin zu wenige Neubauten gebe – aber kaum. Daher versuche man, den unterirdischen Raum klein zu halten. Kellerräume hätten heute im Schnitt sechs Quadratmeter, sagt Rathke. Wohl genug für eine 60 Quadratmeter Wohnung. Aber nicht genug, wenn man mehr kauft, als man braucht. Nicht genug, wenn man Neues holt, aber Altes nicht weggibt. Das Konsumverhalten spielt bei der Marktentwicklung der Lagerräume auch eine Rolle.

Lagerräume sind dermaßen zum Zeichen unserer Zeit geworden, dass das Wien Museum ihnen vergangenes Jahr eine Ausstellung gewidmet hat – weil sie viel über das moderne Leben in Großstädten erzählten.

Die Nutzer sind divers. Nies hat Kunden, die kurzzeitig Boxen mieten, wenn sie renovieren oder umziehen und die neue Wohnung noch nicht fertig ist. Kunden, die bei einer Trennung Dinge zwischenlagern, oder wenn sie mit jemandem zusammenziehen und es Möbel gibt, die nicht in die neue Wohnung passen. Menschen lagerten Dinge ihrer verstorbenen Verwandten ein, bis sie Zeit haben, diese durchzusehen. Oder sie Lagern Hobbyzubehör ein: „Ich habe Kunden, die Rollenspiele spielen und riesige Leinenzelte hier aufbewahren“, erzählt er. Oder von einer Kundin, die ein Kanu einlagern wollte – und das 4,5 Meter lange Sportgerät hochkant auf weniger als einem Quadratmeter Fläche eingelagert hat. Große Dinge müssen eben nicht viel Platz brauchen. Alles eine Frage der Organisation.

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