Chemie-Unfall: Jetzt ermittelt der Staatsanwalt

Ermittlungen Nach dem Unfall im Chemie-Park von Elberfeld überwog am Mittwoch die Erleichterung. Es gab keine ernsthaft Verletzten. Dennoch bleiben viele offene Fragen. BILDER von der UNFALLSTELLE

<strong>Wuppertal. Natürlich wurden am Mittwochwvormittag sofort schlimme Erinnerungen wach. Am 8. Juni 1999 explodierte im Elberfelder Bayer-Werk eine Produktionsanlage für Pflanzenschutzmittel. 91 Verletzte, ein Schaden in dreistelliger Millionenhöhe. Die Ursache: Chemikalien waren falsch gemischt worden, menschliches Versagen. Schlimmer geht’s kaum. Umso größer war gestern die Erleichterung. Es gab diesmal keine Explosion und keine Schwerverletzten. Die Ammoniak-Wolke, die am Vormittag über den Bayer HealthCare-Chemie-Park und die Quartiere am Arrenberg und im Westende hinwegzog, war im Vergleich zur Katastrophe von 1999 beinahe harmlos.


"Was soll ich machen? Ich muss doch mit meinem Hund raus."

Ein Chemie-Werk mitten in der Stadt und dann ein Unfall samt Großeinsatz der Feuerwehr - das sorgt natürlich trotzdem für helle Aufregung und war Gesprächstoff Nummer eins. So bemühten sich gestern der Bayer-Konzern und die Stadt um schnellstmögliche Aufklärung. Vorläufiges Ergebnis: Zur Ursache des Unfalls kann bislang kaum etwas gesagt werden.

Offenbar hat es Reparaturarbeiten im Gebäude 204 des Chemie-Parks gegeben. Danach trat Ammoniak aus. Ob es sich um einen technischen Defekt oder menschliches Versagen handelte, ist laut Werksleiter Herbert Stillings "noch ungeklärt". Gestern Mittag übernahm die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen vor Ort.

Parallel dazu sorgten die Retter vor dem Gebäude für einen ständigen Wasserschleier, um die Ausbreitung des Ammoniaks zu verhindern. Um 8.53 Uhr wurde die Ammoniak-Leitung, aus der das Gas in das Gebäude und die Umgebung austrat, per Schieber geschlossen.

Zu diesem Zeitpunkt hatten sich bereits etliche Mitarbeiter des Chemie-Parks mit Reizungen der Augen und Atemwege gemeldet. Im Laufe des Vormittags summierte sich die Zahl der Verletzten auf insgesamt 27. Hella Körner-Göbel, leitende Notärztin der Stadt Wuppertal, relativierte gestern Mittag die Zahl.

Die meisten Betroffenen seien lediglich untersucht worden. Behandlungen waren nur in Einzelfällen nötig: So seien beispielsweise Augentropfen verabreicht worden. Die Untersuchungen fanden vorwiegend im Helios-Klinikum Barmen statt. Laut Feuerwehr wurde niemand so schwer verletzt, dass er im Krankenhaus bleiben musste.

Und doch hatte die Wolke gravierende Auswirkungen zumindest auf den Wuppertaler Westen. Von 8.25 Uhr bis 11.30 Uhr stand die Schwebebahn still. Klarer Fall: Wuppertals Wahrzeichen schwebt normalerweise auf seinem Weg durchs Tal auch über das Bayer-Werk in Elberfeld hinweg. Angesichts des Ammoniak-Unfalls kaum 40 Meter vom Schwebebahn-Gerüst entfernt, ging das natürlich nicht. Die Passagiere mussten auf die Busse des Schwebebahn-Express’ umsteigen.

Auf der Friedrich-Ebert-Straße zwischen Zoo und Robert-Daum-Platz staute sich zwischenzeitlich der Verkehr. Auch das kam nicht überraschend: Obwohl die Berufsfeuerwehr mittlerweile eine Wache im Bayer-Werk hat, musste natürlich Verstärkung her. Gut 80 Einsatzkräfte waren am Ende vor Ort. Für Otto-Normal-Autofahrer war da zwischenzeitlich kein Durchkommen mehr.

Behandelt Von den insgesamt 27 Verletzten zählen 20 zur Belegschaft des Bayer-Chemie-Parks. Sieben Anwohner meldeten sich mit Beschwerden. Von allen 27 Verletzten war gestern Abend keiner mehr in ärztlicher Behandlung.

Zweiter Einsatz Um 11.30 Uhr gaben Feuerwehr und Bayer gestern komplette Entwarnung. Doch um 13.30 gab es noch einmal Alarm im Bayer-Werk. Das Feuer brach in einer Schachtanlage aus, stand definitiv nicht mit der Ammoniak-Wolke vom Vormittag in Zusammenhang. Das Feuer war vermutlich nach Schweißarbeiten ausgebrochen. Verletzt wurde niemand.

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