Bill Haley: Als eine Legende im Thalia rockte

Vor 30 Jahren starb der Pionier der Rockmusik. In Wuppertal feierte er in den 50ern Triumphe — ein Augenzeugenbericht.

Elberfeld. Der 25. Oktober 1958 war ein besonderer Tag. Jedenfalls für alle Wuppertaler Rock’n’Roll-Fans. An diesem Samstag vor fast 53 Jahren nämlich traten Bill Haley and his Comets live im Elberfelder Thalia-Theater auf. Ihre Hymne, die damals längst die Welt erobert hatte, hieß: „Rock around the clock“. Ausgerechnet jener Bill Haley also, der die Erwachsenen mit seiner Musik schockierte.

Die Hochkulturschaffenden aller Länder schlugen angesichts von Songs wie „Shake, Rattle and Roll“, „ABC Boogie“ oder „Mambo Rock“ die Hände über dem Kopf zusammen. Der weltberühmte spanische Cellist Pablo Casals verstieg sich sogar zu der Behauptung, die Musik von Bill Haley sei „ein Destillat von allen Widerwärtigkeiten unserer Zeit.“ Uns Jugendliche interessierte das herzlich wenig. Wir waren begeistert von dem Sänger mit der auffälligen Schmalzlocke. Wochen vorher schon war das Konzert ausverkauft, obwohl die Zeitungen das Ereignis allenfalls halbherzig angekündigt hatten.

Wir, einige Freunde und ich, hatten die begehrten Karten ergattert. Mit der Straßenbahnlinie 25 fuhren wir von Cronenberg zum Döppersberg, wohlversorgt mit mahnenden Worten unserer Eltern, uns nicht an Krawallen, wie sie bei Haley-Konzerten vorkamen, zu beteiligen. Respekt einflößende Polizisten in großer Zahl erwarteten uns am Thalia-Theater. Um es vorweg zu sagen, sie verbrachten einen ruhigen Nachmittag.

Dann ging es los endlich los! Im Vorprogramm mühte sich das Orchester Kurt Edelhagen redlich, das ausverkaufte Haus mit den aufgekratzten Jugendlichen musikalisch zu beruhigen. Vergeblich! Der Jazzprofessor aus Köln konnte spielen, was er wollte, die Fans im Saal pfiffen, johlten und riefen ständig nach Bill Haley. Ein anderer Bill, Bill Ramsey nämlich, konnte daran auch nichts ändern. Seine eher tollpatschig vorgetragenen Liedchen herkömmlicher Machart fanden ebenfalls keine Gnade vor den Ohren des ungeduldigen Auditoriums in den roten Plüschsesseln. Endlich kam der Star! Der Jubelsturm geriet zum Orkan.

Bill Haley und seine Kometen gingen sofort zur Sache. Von „Rock around the clock“ über „Blue Suede Shoes“ bis zu „Burn that candle“ feuerten sie alle ihre inzwischen weltbekannten Hits auf das Publikum ab. Bill Haley gab alles, sang sich die Seele aus dem Leib — nur, akustisch verstand man ihn kaum. Die Tontechnik des Theaters kam bei den phonstarken Rockern nicht nach.

Die Fans störte das nicht, Haley noch weniger. Ständig grinsend genoss der Superstar aus den USA die Begeisterung des Wuppertaler Publikums. Man tobte sich zwar aus, klatschte, wippte und sang mit, die Einrichtung aber blieb heil. Zerdeppert wie in Essen, Hamburg oder Berlin wurde nichts. Diesen Samstag mit Bill Haley haben wie nie vergessen — bis heute.

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