Big Boy: Ungereimtheiten bei den Geständnissen

Prozess um spektakuläre Raubserie: Geständnisse mit vielen Ungereimtheiten.

Wuppertal. Seit Ende März müssen sich sieben Männer vor dem Landgericht verantworten. Insgesamt 100.000 Euro sollen sie bei einer Serie von Überfällen im vergangenen Jahr erbeutet haben. Und bislang haben fünf von ihnen — darunter der Ex-WSV-Kicker Daniel K.-R. (22) und der angebliche Bandenboss Mario F. (32) — ihre jeweiligen Beteiligungen gestanden.

Doch in Detailfragen gehen die Antworten auseinander. Beispielsweise in Bezug auf den Überfall auf den Postkiosk an der Schmiedestraße am 19. September 2011. Nachdem die Bande vier Wochen zuvor im Postkiosk an der Düsseldorfer Straße satte 26.000 Euro erbeutet hatte, hofften sie auch an der Schmiedestraße auf leichtes Spiel. Doch der Besitzer dort ließ sich nicht einschüchtern: „Ihr macht einen Fehler“, soll er den Räubern ins Gesicht gesagt haben. Die Einnahmen hätte er längst zur Bank gebracht. An den Inhalt des Tresors kamen die drei Männer — der damalige WSV-Spieler, ein Italiener (23) und ein Türke (23) — nicht heran.

Um nicht komplett leer auszugehen, soll das Trio dem Postkioskchef die Geldbörse abgenommen haben — samt der Mini-Beute von 300 Euro.

Gestern nun räumten alle drei Angeklagten ein, am Überfall beteiligt gewesen zu sein — samt Gaspistole, Masken und Handschellen. Für eine Verurteilung reicht das allemal. Allerdings will keiner der Drei die 300 Euro genommen haben. Ein angeklagter Türke (23) verwies darauf, dass ihn ein alter Schulfreund mit einem Handyfoto für den Überfall „heiß gemacht“ habe.

Auf dem Bild soll „ein Haufen Geld“ — die Beute aus der Düsseldorfer Straße — zu sehen gewesen sein. Letztlich will der Türke nur mitgemacht haben, weil er selbst 90.000 Euro Schulden hatte: „Ich war dumm“, bekannte er gestern. Die 300 Euro an der Schmiedestraße habe er aber nicht genommen, beteuerte er. „Einer lügt“, sagte dazu Richter Norbert Müller. Für die Strafzumessung am Ende des Prozesses kann das wichtig werden. Allerdings drohen den Angeklagten so oder so lange Haftstrafen.

Das Publikum quittierte das Hin und Her mit einem Feixen. Einmal mehr war auch gestern der Saal gut gefüllt. Vor allem für die weiterhin in U-Haft befindlichen Daniel K.-R. und Mario F. scheinen die Prozesstage eine willkommene Gelegenheit zu sein, Familien und Freunde zu sehen. Nicken, Winken und verstohlene Kusshände gehören längst zum Prozess.

Für Unterhaltung ist sowieso gesorgt: So gab ein mitangeklagter Italiener gestern zu, dass die Idee für den Überfall auf einen Geldboten einer bekannten Wuppertaler Metzgerei am 8. Oktober 2011 von ihm gewesen sei. Motiv sei aber nicht etwa die bandenintern erwartete Beute von 40.000 Euro gewesen: „Das klingt kindisch, aber ich wollte diese Freunde nicht verlieren“, sagte der 23-Jährige, der mehrfach als Fluchtwagenfahrer für die Bande unterwegs gewesen sein soll. Der Angeklagte: „Ich wollte beweisen, dass ich auch was kann.“

Bekanntlich fand der Raub gar nicht mehr statt. Die Bande — sie stand längst unter polizeilicher Beobachtung — wurde am geplanten Tattag festgenommen.

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