Betreuung: Immer mehr junge Menschen brauchen Hilfe

Verein des Sozialdienstes katholischer Frauen kümmert sich seit 25 Jahren um Menschen, die nicht allein zurecht kommen.

Betreuung: Immer mehr junge Menschen brauchen Hilfe
Foto: Anna Schwartz

Bis 1992 hatten behinderte Menschen wenig zu sagen. Ein Vormund entschied wichtige Fragen des Lebens für sie. Dann wurde das Betreuungsgesetz geändert und die Möglichkeit zur Selbstbestimmung gestärkt. Seit 25 Jahren kümmert sich jetzt der Betreuungsverein des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in Wuppertal um Menschen mit geistiger Behinderung, psychischen Krankheiten oder körperlichen Gebrechen.

„Wir werden immer in Rücksprache mit dem Betreuten tätig“, betont Betreuerin Claudia Steinacker. Entscheidungen werden gemeinsam gefällt, auch wenn das oft schwer ist. Die Betreuung wird — je nach Bedarf — nur in einzelnen Gebieten geleistet: Wer den Überblick über sein Geld verliert, erhält bei den Finanzen Unterstützung und oft auch eine rechtliche Vertretung. Wer im Alltag Probleme hat, bekommt Hilfe im Umgang mit Behörden. Wer mit Arztfloskeln und Krankenhaus-Formularen überfordert ist, wird dorthin begleitet.

Nur in Extremfällen dürfen die Betreuer auch über den Aufenthaltsort — etwa die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik — entscheiden. Dass ein Betreuer eingesetzt wird und welche Aufgabengebiete er übernimmt, entscheidet immer ein Gericht.

Die Arbeit hat sich in den 25 Jahren stark verändert. „Früher hatten wir viele alte Menschen, die im Heim waren“, erzählt Claudia Steinacker. Dort ging es mal um ein Erbe, mal um eine Operation — aber die Fälle waren meist einfach und erforderten wenig Aktionen seitens der Betreuer.

Heute betreut der Verein sehr viele junge Menschen. Sie sind an Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen erkrankt, oft aufgrund ihres Drogenkonsums, oder einfach minderbegabt. Bei den jungen Leuten müssen die Betreuer häufig eingreifen: Sie wollen umziehen oder verlieren ihre Wohnung durch ihr Verhalten. Sie bestellen Waren im Internet, für die sie gar kein Geld haben. „Das ist nicht einmal böser Wille — sie verlieren den Überblick“, erklärt die Betreuerin. Oder sie gefährden sich und andere und müssen eine Behandlung bekommen.

„Der Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Korrespondenz mit verschiedenen Institutionen“, sagt Claudia Steinacker. Allerdings sind seit 2005 Fallpauschalen für jeden Betreuten angesetzt, die seitdem nicht mehr erhöht wurden. Das Geld jedoch langt für die komplizierten Fälle bei weitem nicht aus. „Wir stehen am Abgrund, weil die Vergütung nicht auskömmlich ist“, sagt Steinacker. In anderen Städten haben erste Betreuungsvereine schon geschlossen.

In Wuppertal machen SkF, Diakonie, Caritas und Bergischer Betreuungsverein bisher noch weiter. Sie haben gemeinsam einen Vertrag mit der Stadt Wuppertal, pro Jahr 1200 Fälle zu betreuen. Berufsbetreuer — in der Regel Anwälte — bekommen für die gleiche Arbeit mehr Geld als die Vereinsbetreuer. Noch günstiger und dementsprechend per Gesetz gewünscht sind Ehrenamtler wie Familienangehörige. Auch hier leisten die Betreuungsvereine wertvolle Hilfe. Regelmäßig bieten sie Info-Abende und Fortbildungen für ehrenamtliche Betreuer an. Außerdem beraten sie diese individuell und kostenlos.

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