Wirtschaft Automotiveland fordert Umdenken zum Neustart

Wuppertal · Die Automobilzulieferer haben teils extreme Umsatzeinbußen in der Corona-bedingten Krise. Die Industrie braucht Impulse für den „Re-Start“, den Neustart. So der Titel des Strategiepapiers, das der Verein Automotiveland am Mittwoch vorgestellt hat.

 Die Automobilbranche steht vor großen Herausforderungen. Das wird sich auch im Bergischen Land auswirken.

Die Automobilbranche steht vor großen Herausforderungen. Das wird sich auch im Bergischen Land auswirken.

Foto: dpa/Pavel Golovkin

Die Automobilzulieferer haben teils „extreme Umsatzeinbußen“ in der Corona-bedingten Krise. Stephan A. Vogelskamp aus dem Vorstand des Vereins Automotiveland NRW spricht von 20 bis 25 Prozent „in günstigen Fällen“, von bis zu 90 Prozent „in Einzelfällen“. Die Industrie braucht Impulse für den „Re-Start“, den Neustart. So der Titel des Strategiepapiers, das der Verein am Mittwoch vorgestellt hat.

In der Debatte um die Wiederbelebung der Automobilwirtschaft soll es nachdrückliche Impulse in die Entscheidungsfindung bringen. Aus Sicht der Mitglieder sei nämlich die Idee einer Abwrack- oder Kaufprämie zu einseitig und nicht nachhaltig. Ein Kaufanreiz für Autos, die schon auf den Höfen stünden, sei nicht genug. Zumal in der Debatte die Komponenten Klimaschutz und Innovation aus den Augen verloren würden, warnt Vogelskamp. Der Verein setzt in seinem Papier vielmehr auf eine umfassende Förderkulisse, die von EU, Bund und Ländern aufgebaut werden müsse. Viele Fördermöglichkeiten gebe es schon, sagt Thomas Lämmer-Gamp (Leitung Bergisch.Smart Mobility und Verfasser des Papiers), sie müssten aber nachgeschärft, präzisiert werden.

Die Autoindustrie ist eine Schlüsselindustrie in NRW, rund 200 000 Beschäftigte sind in rund 800 Unternehmen beschäftigt. 250 Zulieferunternehmen sind im Bergischen Land beheimatet. Die Unternehmen sind eng verbunden mit Betrieben aus der Stahl-, Aluminium-, Kunststoff- und Chemieindustrie sowie dem Maschinenbau, erklärte Lämmer-Gamp. Ebenso stehen sie in Zusammenhang mit Unternehmen des öffentlichen Nahverkehrs. Schon allein deswegen müsse eine Konjunkturförderung über den reinen Autoverkauf hinausgehen.

Wirtschaft braucht Infrastruktur, nicht nur Kaufanreize

Das Papier beschreibt Maßnahmen, die den Zielen Beschäftigung, Innovationsdynamik und Klimaschutz nachgehen - dafür werden Maßnahmen wie Kaufanreize, steuerliche Vergünstigungen, Zuschussförderungen, öffentliche Beschaffungen und regulatorische Maßnahmen empfohlen - etwa bei Ladesäulen für E-Autos.

Im Fokus steht dabei „eine moderne öffentliche Infrastruktur als Grundlage für eine prosperierende Wirtschaft.“ Intelligente Ampeln, vernetzte Technik, schnelle Verbindungen mit 5G - das sei maßgeblich, auch um Kaufanreize für innovative Autos zu schaffen. Lämmer-Gamp hat aktuell Sorge, dass wegen fehlender Gewerbesteuern die Investitionen der Kommunen in diesen Bereichen zurückgeschraubt werden.

Das Konzept, das dem Automotive-Cluster vorschwebt und das jetzt in die Politik eingebracht wird, soll nicht nur Kaufanreize setzen, sondern auch Mittelständler in die Lage versetzten, Innovationen umzusetzen und im Wettbewerb um Arbeitnehmer zu bestehen.

Letztlich geht das Bedürfnis nach Unterstützung und Neujustierung über Corona hinaus. Monika Kocks (WKW Group und Vorstand automotiveland) erklärt, dass es Zulieferern schon vor Corona nicht gut gegangen sei. Aus der Irritation um die Dieselaffäre heraus und wegen der Veränderung der Kaufgewohnheiten in Zeiten der Klimakrise.

Sie sieht aber gerade den Mittelstand in der Position und mit dem Willen ausgestattet, auf solche Umstände zu reagieren. „Flexibilität und Dynamik sind systemimmanent“, sagt sie. So würden bei der WKW Group neben Autoteilen bereits Fahrradfelgen produziert. Nur für weitere Entwicklungen brauche es einen Normalbetrieb. „Nicht in Jahren, sondern Tagen, Wochen; Monaten“.

Dass sich aber Mobilität und die Anforderungen an die Wirtschaft verändern, steht für alle außer Frage. Das ist Kern des Vereins. Thomas Aurich (Aptiv) betonte deswegen die Chance der Situation, in der der Verkehr zurück auf die Straße komme, gleichzeitig aber anders sei als vorher: „Wir müssen Mobilität denken, nicht Auto“. Das soll mit dem Konzeptpapier auch in die Politik getragen werden.

Das Papier und ein neuer Imagefilm zum Verein sind online:

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