Wuppertal Bergischer „Meer-Wert-Becher“ soll Flut an Plastikmüll eindämmen

Die drei Städte und die Bäckerei-Innung haben ein neues Pfandsystem für Kaffeebecher initiiert. Auch Schüler sollen für die Idee werben.

 Okawango-Mitarbeiterin Milena Märker zeigt die neuen „Meer-Wert-Becher“.

Okawango-Mitarbeiterin Milena Märker zeigt die neuen „Meer-Wert-Becher“.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Egal wie das Projekt um den Bergischen „Meer-Wert-Becher“ auch ausgeht - eine Besonderheit kann der Pfandbecher aus Polypropylen für sich schon jetzt verbuchen: Aufgrund seiner knallig-orangen Farbe fällt er auf jeden Fall auf. Der Mehrwegbecher mit der Signalfarbe steht im Mittelpunkt eines neuen Pfandsystems, das seit etwa vier Wochen von Bäckereien im Bergischen Städtedreieck erprobt wird.

Am Mittwoch wurde das Projekt offiziell im Grünen Zoo vorgestellt. Es gehe darum, ein Zeichen gegen die wachsende Flut von Plastikmüll zu setzen (daher die Anspielung auf das Meer im Namen des Bechers) und dem enormen Ressourcenverbrauch bei der Herstellung der Coffee-to-go-Becher einen Riegel vorzuschieben, sagte der Mit-Initiator des Projekts und Obermeister der Bäcker-Innung Wuppertal, Dirk Polick.

2000 Becher
sind vorrätig

Seine Bäckerei-Filialen hielten derzeit 2000 „Meer-Wert-Becher“ vor, ein Großteil davon sei aktuell im Einsatz, erzählte Polick. In insgesamt 150 Filialen von zehn Bäckereibetrieben im Städtedreieck würden die Pfandbecher für einen Preis von einem Euro ausgegeben. Die Becher können nach dem Trinken in den Filialen der beteiligten Bäckereiunternehmen wieder abgegeben werden. Der Kunde erhält dann den Euro zurück - oder er lässt sich ein weiteres Heißgetränk in den Becher füllen.

Etwa 8000 Becher sind derzeit im Rahmen des Projekts „Meer-Weg-Becher“ im Umlauf oder können ausgegeben werden. Filialen, die sich an dem Projekt beteiligen, sind mit einem besonderen Logo gekennzeichnet. Derzeit bemühe man sich, weitere Bäckereiunternehmen von dem Projekt zu überzeugen, betonte der Obermeister.

Damit die Initiative eine möglichst breite Basis findet, wurde der Bildungsdienstleister Kurs 21 mit ins Boot geholt. Er soll in Zusammenarbeit mit Schülerinnen und Schülern dafür sorgen, dass sich die Idee des Pfandsystems auch außer­halb der Bäckereifilialen verbreitet und zum Beispiel Kioske, Trinkhallen oder Tank­stellen davon überzeugt werden können. Dazu sollen die Schüler in den Quartieren unterwegs sein und Unterstützer einwerben. „Schüler können gut überzeugen, warum wir uns ändern müssen“, sagte der Vereinsvorsitzende Norbert Peikert.

Damit sich das System rechnet und ökologische Wirkung erzielt, müssen die Mehrwegbecher mindestens zwei Monate lang genutzt werden. Die Becher sind spülmaschinenfest und können bis zu 400 Mal gespült werden. Das erfolgt in den Bäckereien, die die Becher wieder zurücknehmen. Polick räumte zudem mit dem Irrglauben auf, dass einmal benutzte Becher aus Hygienegründen in den Bäckereien nicht wieder befüllt werden könnten. Das sei „kein Problem“, solange die Mitarbeiter entsprechende hygienische Auflagen beachteten. Die Herstellung der Becher erfolgt in Süddeutschland, eingekauft werden die Mehrwegbecher über Bäko, die Einkaufsgenossenschaft für Bäckereien und Konditoreien.

Erschreckende
Ökobilanz

Dass eine Änderung des Konsumverhaltens bei der Nutzung von Einweg-Kaffeebechern unverzichtbar ist, machte ein Blick auf die erschreckende Öko-Bilanz dieser „Coffee-to-Go“-Mentalität deutlich. So werden den Angaben zufolge pro Jahr allein in Deutschland 2,8 Milliarden dieser Einwegbecher verkauft. Der Ressourcenverbrauch für die Erstellung dieser Becher, die nach der Nutzung meistens einfach nur weggeschmissen werden, liegt bei 1,5 Milliarden Liter Wasser pro Jahr. 43 000 Bäume müssen dafür jährlich umgeholzt werden, 11 000 Tonnen Kunststoff werden verbraucht.

In die Wege geleitet wurde das Projekt durch Aktivitäten von Greenpeace und dem Engagement des Umweltausschusses der Stadt Wuppertal. Daraus bildete sich eine Arbeitsgruppe, an der sich auch Vertreter der Städte Solingen und Remscheid sowie der kommunalen Entsorgungsbetriebe und Experten der Verbraucherzentralen und Umweltverbänden beteiligten. Die Einführung des Bergischen „Meer-Wert-Bechers“ habe sich allerdings verzögert, weil sich zunächst kein Privatunternehmen fand, dass die Initiative unterstützt und die Becher produzieren lässt, sagte die Vorsitzende des Wuppertaler Umweltausschusses, Bettina Brücher.

Auch die Oberbürgermeister und Bürgermeister aus Wuppertal, Remscheid und Solingen begrüßten das Projekt. Wuppertals OB Andreas Mucke verwies darauf, dass es wichtig sei, in der Öffentlichkeit mehr Bewusstsein „für Ressourcenschutz und eine saubere Umwelt“ zu schaffen. Sein Remscheider Amtskollege Burkhard Mast-Weisz kaufte gleich fünf Pfandbecher, um sie künftig bei seinem „Bürgerdialog“ einzusetzen.

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