Bergische Städte fördern den Rock-Nachwuchs gemeinsam

Mit dem Projekt „Grenzland“ setzen sich Wuppertal und seine Nachbarn gemeinsam für junge Musiker ein. Dirk Jessewitsch, einer der Väter der Aktion, erklärt die Hintergründe.

Bergische Städte fördern den Rock-Nachwuchs gemeinsam
Foto: Frank Pechtel

Wuppertal. Das Festival „Pflasterstrand“ und die Aktion „Grenzland“ sollen junge Musiker aus dem Bergischen an die großen Auftritte heranführen. Dafür werden auch noch Teilnehmer gesucht, wie Mit-Organisator Dirk Jessewitsch im WZ-Gespräch erläutert.

Herr Jessewitsch, Sie setzen sich seit 38 Jahren für die Musikszene in Wuppertal ein. Warum?

Dirk Jessewitsch: Für viele Menschen ist Arbeiten mit Musik ein Lebensentwurf. Außerdem ist Musik ein wichtiger Beitrag zu gesellschaftlicher Diskussion — und die brauchen wir.

Weil jeder Song eine Weltsicht vermittelt?

Jessewitsch: Ja. Von Musikern kann man lernen, einen Standpunkt zu haben. Musik sagt immer etwas über das Hier und Jetzt. Dabei sind auch gesellschaftliche Gegenentwürfe zulässig, die wiederum die Diskussion anregen können.

Ihr Projekt „Pflasterstrand“ ist im vierten Jahr erfolgreich. Was macht es so besonders?

Jessewitsch: Wir veranstalten Open-Air-Festivals auf dem Geschwister-Scholl-Platz. Alle Bands spielen reine Akustikversionen, ohne Einschränkungen in Stil oder Alter. Das schafft tolle Synergien zwischen erfahrenen und jungen Musikern. Und: Eine Metal-Band hört sich akustisch sehr gut an.

Darauf bauen Sie jetzt auf.

Jessewitsch: Ja, unser neues Projekt heißt „Grenzland“. Beim „Open Air“ schicken wir die Pflasterstrand-Bühne inklusive straßenmusiktauglicher Bands und unserer Mitarbeiter in Partnerstädte. Dabei sind neben Wuppertal bisher Remscheid, Solingen, Wermelskirchen und Wülfrath. Eine sechste Stadt fehlt noch — und genauso brauchen wir noch Bands, die bei „Pflasterstrand“ und bei „Grenzland“ auftreten wollen.

Wie profitieren Sie von den Kooperationen?

Jessewitsch: Wir erhoffen uns mehr Marktmacht. NRW ist dominiert von Köln und dem Ruhrgebiet zwischen Duisburg und Dortmund. Wir können dem bislang nichts entgegensetzen. Aber die Musik ist es wert, nach draußen gebracht zu werden. Das kann Wuppertal oder eine andere Stadt aus der Region nicht alleine leisten. Indem wir zusammenarbeiten, kommen wir mit den gesunkenen Etats besser zurecht als jeder für sich.

Das wurde sicher positiv aufgenommen.

Jessewitsch: Der Tenor war: „Was Ihr jetzt anschiebt, ist überfällig.“ Wir müssen innerhalb der Kommunen wieder mehr zusammenarbeiten, um den Rock- und Pop-Karren aus dem Dreck zu ziehen. Bands müssen im Austausch auf Festivals spielen, nur so können sie vorwärts kommen.

Da kommt „Grenzland“ genau richtig. Was gehört noch unter dieses Motto?

Jessewitsch: Zwei Projekte laufen im Hintergrund: „Grenzland Newcomer“ — federführend betreut von Uncle-Ho-Drummer Björn Krüger — sucht sechs Schulen, in denen er je eine Band coachen wird. Darauf folgt ein Festival an jeder Schule, an dem auch die fünf anderen teilnehmen. Dann treten die Schulen gegeneinander an. Das Publikum wählt zum einen die Schule mit der besten Rock- und Popmusikförderung, zum anderen die beste Band.

Und das dritte Projekt?

Jessewitsch: Das ist „Grenzland Netzwerk“: Wir führen Leute zusammen, die Ideen lebensfähig machen und fortsetzen wollen. Zum Beispiel in Workshops.

Was wünschen Sie sich für Grenzland?

Jessewitsch: Grenzland soll kein Exportprodukt sein, jede Stadt soll für sich ihre Mischung gestalten. Musik macht die Welt einfach schöner. Deshalb wünsche ich mir mehr Zuhörer auf der Straße. Früher hatten wir vier Fernseh-Programme. Da waren die Leute noch nicht so an ihre Couch gefesselt. Sie haben sich das Fenster zur Welt selber aufgemacht und nicht aufmachen lassen.

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