Begrabt mein Herz in Wuppertal Bei Laschet packt Uwe Becker die Angst

Unser Kolumnist zwischen Weihnachtseinkauf und Träumen vom Fensterputzen.

 Uwe Becker, 1954 in Wuppertal geboren, ist Chefredakteur des Wuppertaler Satiremagazins Italien und Mitarbeiter des Frankfurter Satiremagazins Titanic.

Uwe Becker, 1954 in Wuppertal geboren, ist Chefredakteur des Wuppertaler Satiremagazins Italien und Mitarbeiter des Frankfurter Satiremagazins Titanic.

Foto: Joachim Schmitz

Da am Montag viele Geschäfte wieder öffnen durften, wollte ich direkt in die Stadt gehen und Weihnachtsgeschenke kaufen, bevor die Läden wieder zu sind. Wenn aber viele auf diese Idee kommen, dachte ich, dann wird das wieder richtig eng in der City. Lass es, sprach ich zu mir, lass es einfach. Was soll man den Lieben auch in diesen Zeiten der Krise schenken? Meine Mutter würde jetzt sagen: „Hoffnung und Zuversicht, das kostet nix!“ Ich hatte auch an Klopapier gedacht, weil der Vorrat bei denen, die ich Weihnachten beschenke, höchstens bis Dezember reichen wird. Wenn sie aber mehr davon haben, würde mich das jetzt stark irritieren. Nein, nein, an Weihnachten wird jetzt nicht gedacht - vorerst. Wunschzettel wurden mir auch noch nicht gereicht.

Welcher Virologe aus dem Fernsehen gefällt Ihnen besonders gut? Mein Favorit heißt Christian Drosten. Er ist sehr ruhig und souverän. Fachlich kann ihm in Deutschland kaum einer das Wasser reichen - meine Meinung. Viele Frauen finden ihn wohl auch als Mann sehr attraktiv, aber mich interessiert eher seine Kompetenz in Sachen Virologie und nicht, wie klasse man mit ihm bei einem Glas Rotwein einen romantischen Sonnenuntergang betrachten kann. Oder noch Intimeres. Aber die Gedanken sind ja frei. Wenn ich  ehrlich bin, möchte ich insgeheim schon gerne ein wenig Privates vom Institutsdirektor an der Charité in Berlin wissen. Ist Dr. Drosten Hertha BSC oder Union-Fan? Da er in Frankfurt zur Welt gekommen ist, könnte er sich auch zur dortigen Eintracht hingezogen fühlen. Aber wahrscheinlich ist ihm Fußball schnurzpiepegal und sein ganzes Interesse gilt der Wissenschaft. Oder ist er passionierter Segler? Ich könnte mir den Virologen auch gut beim Feldhockey vorstellen. Ja, er hat in seiner Studienzeit bestimmt Hockey gespielt.

Ich kannte in meiner Jugend zwei Mädchen, die Eltern waren wohlhabend, beide spielten Hockey. Ich habe da mal zugesehen. Immer diese gebückte Haltung, ich bekam vom Zuschauen Rückenschmerzen. Ob man zur Zeit beim Virologen auch so lange auf einen Termin warten muss, wie beim Orthopäden? Welche Gebrechen muss man haben, wenn man im Wartezimmer eines Virologen in Lesezirkel-Magazinen blättert? Wenn man sich einen Schnupfen gefangen hat, dann geht man doch zum Hausarzt, oder? Na ja, ich denke, Virologen praktizieren nicht. Sie forschen nur. Und sie sind oft bei Maybrit Illner, Maischberger und Markus Lanz. Und am Wochenende beim Hockey, wenn Mannschaftssport wieder möglich ist. Und das Zuschauen.

Herr Drosten wohnt, nach Auskunft der Behörden, am Prenzlauer Berg. Wo würde er in Wuppertal wohnen? Ölberg, Briller-Viertel ? Oder bei mir in Unterbarmen, wo sich die Viren gute Nacht sagen? Ich glaube aber, er hätte im Zoo-Viertel eine prächtige Villa. Und im Garten eine alte  Trauerweide, zwei Birnbäume und eine quietschende Hollywoodschaukel. Am liebsten würde ich mich den ganzen Tag hinter Herrn Drosten verkriechen, damit ich in Sicherheit bin. Als ich ihn zuletzt im Fernsehen sah und in seine Augen blickte, da war ich mir sicher, Christian Drosten kann uns beschützen, wir müssen nur auf ihn hören. Abstand halten, Masken tragen und die Füße weiter schön stillhalten, dann wird alles wieder gut. Wenn ich unseren Ministerpräsidenten Laschet dagegen betrachte, packt mich die nackte Angst. Ich bin ein Kritiker der Lockerungen, jedenfalls zu dieser Zeit.

Im Traum freute ich mich aber doch, dass die Baumärkte geöffnet waren. Ich renovierte in diesem grotesken Alptraum aus Spaß, und weil ich ja genug Zeit hatte, meine gesamte Wohnung nochmals. Vorher schlabberte ich aber viel Bratensoße auf die Küchenwände. Es wäre ja auch echt zu albern, dachte ich im Traum, noch mal drüber zu streichen, wenn die Tapete total sauber ist. Man will sich ja nicht selber verarschen. Ist ja auch teuer genug, wenn man die Wohnung doppelt renoviert. Zumal ich nie an der falschen Stelle spare, also nur hochwertiges Material benutze. Qualität ist das A und O beim Renovieren. Teures Kreppband, edle Pinsel und Premium- Farben. Gerade beim Maler-Krepp-Band nehme ich nur das beste Produkt am Markt. Ich bin allerdings gespannt, ob ich es zumindest im Traum endlich schaffe, meine Fenster zu putzen. Einmal würde mir schon reichen.

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