Wuppertal Bei 7600 Wuppertalern reicht der Lohn nicht zum Leben

Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisiert die Zahl der Aufstocker in der Stadt. Betroffen seien vor allem Frauen.

Wuppertal: Bei 7600 Wuppertalern reicht der Lohn nicht zum Leben
Foto: Imago

Wuppertal. Fast jeder vierte Hartz-IV-Empfänger in Wuppertal geht einer bezahlten Arbeit nach. Darunter sind auch rund 1100 Vollzeitbeschäftigte, bei denen der Monatslohn nicht zum Überleben reicht. Das Jobcenter spricht in ihrem Fall von erwerbstätigen Leistungsempfängern, insgesamt sind das genau 7624.

Dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ist das ein Dorn im Auge. Er prangert vor allem an, dass unter den sogenannten Aufstockern viele „Minijobber“ sind, die von ihrem Arbeitgeber maximal 450 Euro im Monat bekommen. Der DGB fordert, dass diese überwiegend weiblichen Arbeitnehmer besser gefördert und ihnen sozialversicherungspflichtige Vollzeitstellen vermittelt werden. „Das ist auch geeignet, dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken“, sagt der Wuppertaler DGB-Chef Guido Grüning. Er sieht in besseren Betreuungsangeboten für Kindern eine Etappe zum Ziel, mehr Frauen in auskömmliche Arbeit zu bringen. „Wir wünschen uns, dass das Jobcenter diesen Personenkreis besonders in den Fokus nimmt und unterstützt.

Das geschieht nun. Das Jobcenter sucht Wege, wie aus Minijobs sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen werden können. „Wir sind in weiterführenden Planungen“, sagt Vorstand Andreas Kletzander. Es gebe aber auch heute schon Fördermöglichkeiten für die Umwandlung von Minijobs. Darüber informiere der Unternehmensservice des Jobcenters.

Insgesamt ist die Zahl der Aufstocker aus Sicht der Wuppertaler Arbeitsbehörde ein guter Wert. „Sie zeigt doch, dass diese Menschen unbedingt arbeiten wollen“, sagt Kletzander.

Den Umkehrschluss, dass alle anderen erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfänger arbeitsscheu seien, lässt Kletzander nicht zu. Er wisse natürlich, dass es dieses Vorurteil gebe. „Aber in Wirklichkeit ist die Gruppe derer, die partout nicht arbeiten wollen, verschwindend gering.“

Dabei könnten Erwerbslose leicht auf den Gedanken kommen. Vor allem dann, wenn sie in einer sogenannten Bedarfsgemeinschaft leben, also wenn mehrere Mitglieder Hartz-IV-berechtigt sind. Erwachsene erhalten 404 Euro im Monat. Für ein Ehepaar mit einem Mindestlohn ist das Monatseinkommen nicht höher. Noch schwieriger hat es die reguläre Arbeit in Familien mit mehreren Kindern. „Wenn wir 2200 Euro bezahlen, dann müssen Sie mal eine Stelle finden, bei der Sie das netto verdienen“, sagt Jobcenter-Chef Thomas Lenz. Und dennoch ist die soziale Hängematte in Wuppertal laut Jobcenter weit weniger belegt, als es gemeinhin angenommen wird. Ernsthafte Suche nach Arbeit sei die Regel, das Gegenteil die Ausnahme.

Aufstocken ist dabei nicht nur Sozial-, sondern auch Eingliederungshilfe. „Bei vielen sind wir froh, dass sie überhaupt arbeiten können“, sagt Andreas Kletzander. Sie seien nicht so einsetzbar wie andere Arbeitnehmer. Deshalb übernehme der Staat einen Teil des Lohnes.

So beschreibt es auch der Geschäftsführer der Vereinigung Bergischer Unternehmerverbände, Frank Witte. „Das hilft vor allem Menschen, die lange nicht im Arbeitsprozess gewesen sind“, erklärt Witte. Deren Löhne zu subventionieren sei in jedem Fall besser, als sie außen vor zu lassen. „Unternehmen müssen motiviert werden, schwer zu vermittelnde Leute zu beschäftigen.“ Fiele dieses Instrument weg, sei das sehr beklagenswert. Dann dann stelle sich die Frage, von wem solche Menschen noch eingestellt werden, sagt Witte.

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