Jubiläum der Dauerausstellung „Das Judentum ist nichts Fremdes“: Zehn Jahre Tora und Textilien

Die jüdische Geschichte in ihrer Vielfalt zeigen, verwoben mit der Stadtgeschichte Wuppertals und der Geschichte des Bergischen Landes, war den Verantwortlichen der Ausstellung „Tora und Textilien“ ein Anliegen.

 Ulrike Schrader führte virtuell durch die Dauerausstellung „Tora und Textilien“.

Ulrike Schrader führte virtuell durch die Dauerausstellung „Tora und Textilien“.

Foto: Fischer, Andreas H503840

„Tora und Textilien“: Zehn Jahre Dauerausstellung in der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal haben die Initiatoren jetzt gefeiert – am Computer. Über eine Zoom-Konferenz schalteten sich um die 35 Interessierte zum Vortrag dazu. Geplant war ursprünglich ein Tag der offenen Tür zum Geburtstag der Dauerausstellung. „Genau vor zehn Jahren haben wir sie eröffnet. Wir wollen jetzt nicht in Demut verfallen“, sagte Antonia Dicken-Begrich, die Vorsitzende des Trägervereins, angesichts der großen Veranstaltung, die damals im Von der Heydt-Museum und anschließend in der Begegnungsstätte selbst möglich war. „Aber wir können auch im virtuellen Format den Blick auf das Wesentliche lenken“, ergänzte sie.

Die Zahl der Zeitzeugen, die aus ihrem unmittelbaren Erleben aus der Zeit des Nationalsozialismus, der Verfolgung, der Verbrechen an jüdischen Mitbürgern berichten können, nimmt immer mehr ab. „Deswegen mussten wir uns neue Vermittlungsformen überlegen“, so Dicken-Begrich. Es entstand ein neues Profil – erweitert um die Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Wuppertal und Umgebung in den vergangenen 200 Jahren. Insbesondere die Industriegeschichte Wuppertals prägte die Zeit der Einwanderung.

Neben alten Gebetbüchern aus dem Archiv der jüdischen Kultusgemeinde sind neue Befunde und Exponate ins Konzept integriert. Es gibt Dinge zum Anfassen. „Das sind Objekte, die austauschbar sind, zum Beispiel zum Thema Speisegesetze und jüdische Feiertage“, erklärte die Leiterin Ulrike Schrader. Es handle sich um Pfennigartikel. Gleichzeitig gibt es einen konzeptionellen Hintergrund, um deutlich zu machen, dass es im Judentum – anders als bei der katholischen Kirche – keine Sakramente gibt oder geweihte Gegenstände. „Es ist eine Gebrauchsreligion“, erklärte sie. Mit einem Vortrag ließ Schrader zehn Jahre Dauerstellung Revue passieren.

Fundamente sind heute
nicht mehr sichtbar

Fotos von Christoph Schönbach veranschaulichten die alten Fundamente der damaligen Synagoge, die heute nicht mehr sichtbar sind. Präsentiert wurden die Bauarbeiten des heutigen Gebäudeensembles, bestehend aus dem Souterrain, dem Langhaus, zylindrischem Durchgang, der mit Blei verkleidet ist, und die große Halle.

Renovierungsarbeiten und die Vorbereitungen zur Dauerstellung sind dokumentiert und damit der Prozess, wie aus der Begegnungsstätte Alte Synagoge, als ein Ort der Diskussion, der Anregung, der gesellschaftlichen Auseinandersetzung und des Gedenkens, ein Museum zur jüdischen Geschichte im Bergischen Land entstand.

Denn nicht nur die „dunklen Jahre“ galt und gilt es zu erzählen, sondern „auch die Zugehörigkeit, der bürgerliche Alltag und Nachbarschaft. Das hat es auch gegeben und gibt es heute und wird oft nicht gesehen“, erläuterte Schrader den Ansatz, unterschiedliche Facetten jüdischer Geschichte zu zeigen.

Jüdische Mitbürger als Akteure werden dargestellt, die Geschichte von Menschen, Individuen, herausgestellt. „Samuel Stahlberger ist die Pilotfigur der Ausstellung“, benannte sie ein Beispiel. Er war ein Mann, der selbst nicht in der Schule war, dafür jedoch alle seine zwölf Kinder. Einer seiner Söhne wurde später Arzt. „Man kann unheimlich viel zeigen, gerade was die Wertevermittlung angeht“, so Ulrike Schrader. In der Medienstation am Ende der Ausstellung sind zudem Videos festgehalten. Nach Themen sortiert, kommen dort Zeitzeugen zu Wort und äußern sich etwa dazu, was die Religion in der Familie bedeutete. Sie beziehen sich auf die Schulzeit, ihre Erfahrungen mit Antisemitismus oder dem Nationalsozialismus.

Die jüdische Geschichte in ihrer Vielfalt zeigen, verwoben mit der Stadtgeschichte Wuppertals und der Geschichte des Bergischen Landes, war den Verantwortlichen der Ausstellung „Tora und Textilien“ ein Anliegen. „Ich finde es wichtig, zu betonen, dass das Judentum nichts Fremdes ist – und das zeigen Sie mit ihrer Ausstellung“, sagte die langjährige Bildungsministerin Nordrhein-Westfalen Sylvia Löhrmann, Generalsekretärin des Vereins „321 – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“.

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