Wuppertal Beatkids, Rockets und Snobs: Wuppertal im Bandfieber

In den 1960er-Jahren rollte der Beat durch Deutschland. Auch in Wuppertal gründeten sich zahlreiche Bands.

1965: Unter den Jugendlichen im Tal wird es unruhig. Die ersten Schallplatten der Beatles und Stones liegen in den Läden, während Radio und Fernsehen immer noch auf Caterina Valente oder Vico Torriani setzen.

Die erfahrenen Wuppertaler Rockbands wie die Kentuckys, die Lonelys und die Black Shadows, großgeworden mit Rock ’n’ Roll, sind auf dem Sprung ins Profilager und im Tal kaum mehr sichtbar.

In Wuppertal — wie in allen deutschen Großstädten — bricht jetzt das „Bandfieber“ aus: Schüler, Lehrlinge, junge Arbeiter — alle sind unterwegs, um Mitstreiter zur Gründung einer Band zu finden. Mangels technischer Ausrüstung müssen zunächst die Röhrenradios der Eltern (Modell „Loewe Opta“) als Verstärker und die Wandergitarre der älteren Schwester herhalten. Immer wieder wird der Arm des Plattenspielers ein paar Rillen zurückgelegt, um den Text des Songs phonetisch zu ermitteln.

In allen Stadtteilen Wuppertals entstehen Bands: die Formers und Rockets eifern den Beatles nach, die Beatkids und Consuls lassen es lieber wie die Stones krachen. Die Snobs, die Lonely Boys, die Black Teddies und viele andere mehr — alle covern die Songs ihrer Lieblingsbands und drängen in die Öffentlichkeit..

Schnell geht es vom Übungskeller auf die Bühne: Clubs wie das Impuls am Döppersberg, der Jazzclub Adersstraße, das Nachbarschaftsheim oder auch der Keller im CVJM Adlerbrücke bieten am Wochenende Gelegenheiten zum Auftritt.

Auch clevere Wirte erkennen schnell den Trend: Legendäre Kneipen wie Anni Röseler, Onkel Tonis Saalbetriebe, das Roxy oder der Stadtsaal verzeichnen plötzlich volle Häuser. Die Fans ohne fahrbaren Untersatz reisen ihren Favoriten mit Bus oder Schwebebahn nach.

Beat-Wettbewerbe — durchaus vergleichbar mit dem heutigen Schülerrockfestival — füllen die Historische Stadthalle. Bei einer Veranstaltung im Haus Quellenburg beobachtet ein Journalist „Jünglinge mit mähnenähnlichem Kopfschmuck und beinahe ekstatisch mit dem Kopf wackelnde junge Damen“. Ronald M. Hahn, damals Sänger der Snobs: „Da ging es oftmals heiß her. Manche Musiker verpfiffen ihre Konkurrenz. Sie riefen beim Wirt an: Der Sänger ist erst 15. Dann hat der Wirt die Band rausgeschmissen.“

Mit den großen Auftritten in der Stadthalle als Vorgruppen für die Rattles oder Lords steigt auch der Anspruch an die technische Ausstattung. Der ortsansässige Musikalienhändler ist sich seiner Marktstellung bewusst: Viele Musiker verschulden sich durch Instrumentenkäufe auf lange Jahre. Rudi Steinhofer, Drummer der Lonelys: „Zur Finanzierung meines Schlagzeugs musste ich einen Wechsel unterschreiben. Ich wusste gar nicht, was das war . . . “

Der Beatwelle ebbt nach 1967 ab. Bald tauchen Jimi Hendrix und Deep Purple auf, manche Clubs stellen auf Diskotheken um.

Auch nach 50 Jahren sind viele der Musiker der Beatles-Ära noch befreundet. Manche der Fans — inzwischen auf dem Weg ins Rentenalter — tingeln jeweils freitags in bestimmtem Wochenrhythmus zu Partys in Clubs auf dem Ölberg, in Vohwinkel und am Heckinghauser Gaskessel. Einige Musiker der damaligen Zeit sind dort heute noch auf der Bühne zu bewundern.

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