Offen gesagt Baustellenmarathon

Wuppertals Stadtwerke haben einen neuen Chef. Markus Hilkenbach lenkt seit Beginn des Jahres die Geschicke des größten städtischen Unternehmens. Das wäre nicht weiter bemerkenswert, weil der Wechsel an der Spitze von Unternehmen so ungewöhnlich nicht ist.

Aber erstens folgt Hilkenbach Andreas Feicht nach, der den Stadtwerken seinen Stempel aufgedrückt hat und nun als Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium die energiepolitische Wende der Bundesrepublik mitorganisiert. Und zweitens ist die Inthronisierung Hilkenbachs das Ergebnis eines professionellen Auswahlverfahrens. Als Vorsitzender des Aufsichtsrates hat der SPD-Landtagsabgeordnete Dietmar Bell möglichst nichts dem Zufall überlassen wollen. Was in anderen Städten gängige Praxis ist, das ist in Wuppertal erwähnenswert und eine vermutlich wohltuende Ausnahme. Schließlich hat Wuppertal immer noch kapitale Fehlentscheidungen bei der Besetzung wichtiger Positionen zu verdauen. Während die Abfindung für die ehemalige Schauspielintendantin Abbrederis sich noch in fünfstelligen Grenzen halten soll, droht die langwierige Trennung von der Chefin des Tanztheaters, Adolphe Binder, ein Fiasko zu werden, das Ruf und Kasse der Stadt nachhaltig beschädigt.

Und dann ist da ja auch noch der sehr früh an Überforderung gescheiterte Dezernent für Bürgerbeteiligung Panagiotis Paschalis. Der lebt noch bis 2023 auf Kosten des Wuppertaler Steuerzahlers. Sein immer noch üppiges Salär verzinst er allerdings äußerst schlecht dadurch, dass er es sich zum Sport gemacht hat, in den sozialen Medien haarsträubenden Unfug zu verbreiten. Und als ob das noch nicht genug wäre, schickt er sich nun an, Oberbürgermeister der Stadt zu werden, der er als Beigeordneter nicht sonderlich gedient hat.

All das geschieht, wenn Personalentscheidungen in Stammtischmanier oder per Zufallsprinzip getroffen werden. Das kann wirklich niemand besser als Wuppertal. Leider.

Umso größer ist die Hoffnung, dass die Stadtwerke dank ihres umsichtigen Aufsichtsrates ein Glückslos gezogen haben. Das wäre allerdings auch dringend notwendig. Denn die WSW stehen vor schwierigen Zeiten. Und Krisenmanagement ist in den Zeugnissen des Unternehmens bisher eher selten mit gut benotet worden.

Das wiegt umso schwerer, als der Konzern derzeit einige Baustellen gleichzeitig zu betreuen hat. Die Sanierung der Schwebebahn will nicht enden, weil immer noch nicht zusammenpasst, was zusammengehören soll. Der von den Stadtwerken bediente öffentliche Personennahverkehr ist insgesamt zu teuer, verweigert sich Sparmaßnahmen aber standhaft, weil Bürger darunter zu leiden haben. Die neue Zentrale des Unternehmens ist im Werden, was aber unter schwierigsten Umständen, weil mit gedeckelten Kosten geschieht. Das Kohlekraftwerk Wilhelmshaven ist eine Beteiligung, die viel kostet und voraussichtlich nie etwas einbringen wird. Der Strommarkt ist in Bewegung, und die Kunden sind mittlerweile so flexibel, dass die eigenen Stadtwerke nicht mehr automatisch erste Wahl sind. Da wiegt die Einstellung des gedruckten Fahrplanbuches noch leicht, ist als Signal an die Wuppertaler aber äußerst fatal.

Dass Wuppertals Versorgungsbetrieb dennoch große Anziehungskraft auszuüben scheint, zeigt die große Zahl der Bewerber. Markus Hilkenbach hat sich durchgesetzt. Für ihn habe auch die Kommunikationsstärke gesprochen, hat es nachher geheißen. Das klingt gut und hilft womöglich, neue Allianzen zu schmieden, vielleicht auch im Bergischen Land. Und es hilft womöglich auch dem Gespräch der Stadtwerke mit ihren Wuppertaler Kunden. Das hätte Sinn für ein Unternehmen, das von Dienstleistungen lebt, die früher einmal konkurrenzlos gewesen sind, heute aber mit ein paar Klicks überall in Deutschland eingekauft werden können. Das ist gefährlich, denn Wuppertal braucht seine Stadtwerke nicht zuletzt auch für die Aufgaben, die nicht gewinnbringend zu vermarkten sind, zum Beispiel für einen zukunftsfesten ÖPNV. Und die Stadtwerke brauchen einen umsichtigen Lenker.

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