Barmen: Eingefleischter Sozi – seit 1928

Seit fast 80 Jahren ist der Barmer Kurt Matthes SPD-Mitglied. Er erinnert sich an schwere Jahre der Hitlerzeit, prominente Weggefährten – und glaubt auch heute noch an die Kraft der Politik.

<strong>Wuppertal. Die erste Begegnung mit Kurt Matthes lässt an eine Verwechselung glauben: Dieser drahtig-agile Mann mit den wachen, hellblau leuchtenden Augen soll 93 Jahre alt sein? Doch der, der da lächelnd in seiner Wohnungstür steht, ist tatsächlich einer der ältesten Sozialdemokraten Wuppertals. Kurt Matthes, 1914 in Barmen geboren, feiert demnächst sein 80-jähriges Jubiläum als Parteimitglied. Am 1. April 1928 ist Kurt Matthes der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ), der damaligen SPD-Jugendorganisation, beigetreten - und über Nazizeit und Weltkriegswirren hinweg der Sozialdemokratie treu geblieben.

"Hätte ich gewusst, dass ich so alt werde, hätte ich nicht mit 65 Jahren aufgehört."

Kurt Matthes über den Rückzug aus der Kommunalpolitik...

Über der Wirtschaftskrise und der wachsenden Arbeitslosigkeit, über politischen Streitigkeiten zwischen Barmern und Elberfeldern in der erst 1929 vereinigten Stadt spalteten sich SAJ und SPD - Matthes wechselte zum Jugendverband der Sozialistischen Arbeiterpartei SAP. Einer Splitterpartei, der auch der junge Willy Brandt angehörte. "Er hat nach dem Krieg dann dafür gesorgt, dass die SAP-Mitgliedschaft vor 1933 in der SPD angerechnet wurde", so Matthes.

Standhaft, "sauber", zu bleiben war schwer in dieser Zeit: "Wenn man das sah, bei diesen Aufmärschen, wie die Leute zu Tausenden den Arm hochrissen. Das hat so viele in den Bann gezogen. Und wir haben nur gehofft: Bald ist der wieder weg."

"Das war für mich ein freudiges Ereignis." In den davor liegenden Jahren habe er die Hoffnung auf eine Zeit ohne Hitler schon verloren gehabt. "Ich hatte auch von Politik die Nase voll." Doch nun wollte er mithelfen, "etwas tun für ein besseres, demokratisches Deutschland". Noch in der Gefangenschaft gründet er eine politische Arbeitsgemeinschaft.

In Wuppertal ist die Verkehrspolitik sein großes Thema. Unter anderem begleitet er die Anlage der großen Durchgangsstraßen im Stadtgebiet ("Die wurden auf Kredit finanziert - danach hat die Stadt das Sparen nicht mehr gelernt"). Mit 65 zieht er sich aus der aktiven Politik zurück. Doch noch heute besucht er die Versammlungen seines Ortsvereins.

Leben Kurt Matthes wurde am 19. August 1914 geboren. Von 1946 bis 1965 war er Parteisekretär, von 1948 bis 1979 Ratsmitglied und Hauptkassierer, von 1965 bis 1972 Bundestagsabgeordneter der Wuppertaler SPD. Seit 1940 war er mit Greta vom Hagen verheiratet (†2007).

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