Arbeitsmarkt Ausbildungsabbrüche sind oft Wechsel

Nicht jede Auflösung eines Vertrags bedeutet auch das Ende der Lehre. In Wuppertal liegt die Quote der Abbrecher bei nur etwa zehn Prozent.

 In der Metall- und Elektroindustrie liegt die Abbruchquote bei Ausbildungen bei unter fünf Prozent.

In der Metall- und Elektroindustrie liegt die Abbruchquote bei Ausbildungen bei unter fünf Prozent.

Foto: dpa/Oliver Berg

Die Zahl erscheint hoch: laut dem Berufsbildungsbericht 2019 bricht jeder vierte Auszubildende seine Ausbildung ab. Gleichzeitig relativiert der Bericht die hohe Zahl. Verschiedene Studien deuteten darauf hin, dass etwa die Hälfte der Fälle keinen Abbruch der Ausbildung bedeutet, sondern die Ausbildung in einem anderen Betrieb oder in einem anderen Ausbildungsberuf fortgeführt wird. „Die Quote erscheint hoch, wenn man nicht hinter die Zahlen schaut“, bestätigt Sascha Bomann, Geschäftsführer im Bereich Berufsausbildung bei der Kreishandwerkerschaft Wuppertal. In 80 Prozent der Fälle stecke der Wechsel eines Ausbildungsbetriebes dahinter. „Die Ausbildung wird also fortgesetzt“, sagt Bomann, der oft bei einem Wechsel eingebunden ist. In Wuppertal und Solingen liege die Quote der Vertragslösungen bei zehn Prozent.

Diese Zahl bestätigt Carmen Bartl-Zorn. Sie ist Leiterin des Geschäftsbereichs Aus- und Weiterbildung bei der Bergischen IHK. Bevor man so ein düsteres Bild male, solle man sich die Zahlen anschauen. „In Wuppertal erreicht keine Branche 25 Prozent“, sagt Bartl-Zorn. Im Hotel- und Gaststättengewerbe liege die Zahl bei 23 Prozent, im Handel bei 14 Prozent. „Es gibt aber auch Branchen, die darunterliegen, wie Metall und Elektro mit fünf Prozent“, so Bartl-Zorn. Die Zahl der Studienabbrecher mit 30 Prozent sei deutlich höher. Oberstes Gebot sei es aber, Ausbildungsabbrüche zu vermeiden. Dazu gibt es das bundesweite Programm VERA, in dessen Rahmen Ehrenamtliche dabei helfen, zwischen Auszubildenden und Ausbildern zu vermitteln, die Auszubildenden zu unterstützen, den Stoff der Berufsschule zu bewältigen, oder bei einem Wechsel zu beraten. „Die Erfahrung zeigt, dass Ausbildungen fortgesetzt werden“, sagt Bartl-Zorn.

Die Bewerber durchlaufen einen langen Auswahlprozess

„In Wuppertal ist die Situation nicht anders als anderswo“, bestätigt Guido Grüning, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Wuppertal. Vor allem in der Dienstleistungsbranche komme es zu Abbrüchen der Ausbildung, weiß Grüning aus den Schlichtungsverhandlungen zwischen Auszubildenden und Ausbildern. Das liege daran, dass es sich bei diesen Berufen um Ausbildungen handle, die nicht als erstes nachgefragt würden. „Die großen Unternehmen suchen sich die besten Bewerber aus. Die anderen müssen dann die Bewerber nehmen, die übrig bleiben“, so der Gewerkschafter. Dabei könne es zu Verwerfungen kommen. Vor allem wenn Auszubildende wie in der Gastronomie „Tag und Nacht“ arbeiten müssten. Die meisten Abbrecher suchten sich etwas Neues. „Sie stellen entweder fest, das ist nicht mein Betrieb oder nicht meine Branche“, so Grüning.

Damit das nicht passiert, versuchen Unternehmen bereits bei der Auswahl gezielt gegenzusteuern. „Die Bewerber durchlaufen ein langes Bewerbungsverfahren“, sagt Lina Steffen aus der Personalabteilung von Coroplast. Sie ist zuständig für das Nachwuchsprogramm. Die Bewerbung besteht aus einem Online-Test, einem Test vor Ort sowie einem Vorstellungsgespräch. Im gewerblichen Bereich bietet Coroplast ein Schnupperpraktikum von ein bis zwei Tagen an, damit der Bewerber sehen kann, welche Stationen er in seiner Ausbildung durchläuft. „Wir schauen, dass wir nur Leute haben, die wissen möchten, was sie später machen werden“, so Steffen.

Das ist aus Sicht von Carmen Bartl-Zorn das A und O bei der Ausbildungssuche. „Junge Menschen sollten sich frühzeitig damit beschäftigen, was sie einmal werden wollen“, sagt Bartl-Zorn. Es gebe zwar zahlreiche Informationen, aber eben auch zahlreiche Möglichkeiten. In Deutschland gebe es 324 staatlich anerkannte Ausbildungsberufe, mehr als 20 000 Studiengänge und etwa 100 Berufe, die man schulisch erlernen kann.

„Zunächst sollte man sich klar werden, welche Berufsfelder zu einem passen“, sagt Bartl-Zorn. Dabei könne man sich fragen, wo die eigenen Stärken liegen und nach dem Ausschlussprinzip vorgehen. Die Berufsfelderkundung und das Schülerpraktikum könne man dazu nutzen, Berufsfelder kennenzulernen. Von da aus könne man herunterbrechen, welche Berufe es in diesem Bereich gebe und welche Ausbildungsmöglichkeiten für einen selbst in Frage kommen.

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