Interkulturelle Trainerin Aus Vohwinkel nach Indien und Japan

Antje Wiegand aus Vohwinkel lebte lange im Ausland. Jetzt arbeitet sie als interkulturelle Trainerin.

Interkulturelle Trainerin: Aus Vohwinkel nach Indien und Japan
Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Die Visitenkarte nehmen und in die Hosentasche stecken? In Japan ein absoluter Fauxpas. „Man muss die Karte als Gesicht ansehen und sie mit Respekt behandeln“, erklärt Antje Wiegand. Die 52-Jährige arbeitet als interkulturelle Trainerin für Asien, besonders für Japan. Gerade Geschäftsleuten empfiehlt sie dringend die Beschäftigung mit der anderen Kultur: „Da lauern viele Fallen.“

Alleine schon der ganz normale Kontakt: In Deutschland gilt es als Zeichen von Aufmerksamkeit und Freundlichkeit, einem Gegenüber in die Augen zu schauen. „Japaner empfinden das als Starren. Dort gilt das als sehr unhöflich“, sagt Antje Wiegand. Japaner blicken deshalb während eines Gesprächs normalerweise zur Seite oder in ihre Unterlagen.

Geschäftsbeziehungen basieren auf Vertrauen, das über lange Zeit aufgebaut wird. „Beim ersten Gespräch sind oft gar keine Entscheider dabei“, erläutert die Japan-Expertin. Über mehrere Treffen wollen Firmenvertreter ihr Gegenüber kennenlernen. Zwingend dazu gehören meistens gemeinsame Abendessen, gerne gefolgt von einem Ausklang in der Karaoke-Bar. Was dort unter Alkoholeinfluss passiert, wird am nächsten Tag nicht mehr erwähnt.

Hierarchien und Regeln spielen in Japan eine große Rolle. „Alles wird bis ins Detail durchgeplant“, hat Wiegand schon oft erlebt. Gebe es mit der Planung dann Probleme, fühlten sich Japaner schnell hilflos. Im japanischen Kindergarten sah die Wuppertalerin, wie die Kinder „als Masse“ behandelt werden: „Alle mussten das Gleiche basteln. Anschließend kamen die Erzeugnisse alle in eine große Kiste, ohne Namen.“

Bescheidenheit und Einordnen in die Gruppe würden als lobenswerte Eigenschaften gesehen. Wer als Privatperson Freunde in Japan besucht, müsse sich ebenfalls vorsehen: Gastgeschenke sind sehr wichtig, unterliegen aber ebenfalls Regeln. So dürfe ein Geschenk auf keinen Fall aus vier Einzelteilen bestehen, etwa vier Pralinen. „Vier gilt als Zahl des Todes.“ Auch weiße oder gelbe Blumen sind untrennbar mit dem Tod verbunden und werden deshalb nicht verschenkt.

Wer selbst ein Geschenk erhält, muss sich ausgiebig dafür bedanken: „In Japan gibt es ganz viele Danke-Worte für verschiedene Situationen.“ Dass in japanischen Wohnungen die Schuhe ausgezogen werden, wissen die meisten Ausländer. Doch für die Toilette gibt es noch einmal andere Hausschuhe, spezielle Toiletten-Schlappen. Oft begegneten der Vohwinkelerin in Japan auch abergläubische Praktiken. Als sie ihren Schlaf-Kimono auf die Wäscheleine hängte, war ihre Gastmutter entsetzt: Sie hatte ihn mit der offenen Seite Richtung Norden gehängt - das bringe Tod. Und was sollten die Nachbarn nur von ihr denken!

Antje Wiegand reiste schon immer gerne. Asien faszinierte sie bereits als kleines Mädchen. Mit 16 Jahren fuhr sie mit ihrem damaligen indischen Freund nach Indien und war überwältigt von der anderen Kultur dort. „Da gab es weder Strom noch fließend Wasser, das war für mich ein Kulturschock.“ Mit 22 Jahren verbrachte sie ein Jahr in Japan - anfangs ohne Sprachkenntnisse. Seitdem hat sie viele Länder Asiens bereist. Heute spricht sie fließend Japanisch, hat bei ihrer letzten Reise sogar einen Vortrag über Verhaltensweisen in Deutschland gehalten.

Seit zwei Jahren bereitet sie einerseits Menschen vor, die nach Japan oder andere asiatische Länder auswandern wollen, gibt andererseits auch Kurse für Deutsche, die viel mit Ausländern zu tun haben. Sie sollen sich ihrer kulturellen Identität bewusst werden und offen für andere Verhaltensweisen werden. „Mir ist es wichtig, dass sie lernen, respektvoll mit sich widersprechenden Werten umzugehen.“ Und fast nebenbei gibt sie noch Sushi-Kurse.

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