Auch Kommunen in der Region In diesen NRW-Städten werden Fahrverbote unwahrscheinlicher

Düsseldorf · Für viele Städte in NRW sind die Chancen deutlich gestiegen, um Fahrverbote für Diesel-Pkw herumzukommen. Wir erläutern die Hintergründe.

 Auch in Essen könnten Fahrverbote abgewendet werden.

Auch in Essen könnten Fahrverbote abgewendet werden.

Foto: dpa/Marcel Kusch

Worum geht es?

Die Bundesregierung plant eine Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Demnach sollen in Städten, in denen die Belastung von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel nicht überschritten wird, Fahrverbote „in der Regel“ nicht erforderlich sein. Begründung: Die Verbote seien nicht verhältnismäßig und andere Maßnahmen seien ausreichend, um die Luftverschmutzung auf das erlaubte Maß zu drücken. Seit 2010 gilt EU-weit ein Grenzwert von 40 Mikrogramm im Jahresmittel.

Der Bundestag muss den Plänen noch zustimmen. Das wird vermutlich bis zum Sommer der Fall sein. Eine große Mehrheit im Parlament ist sicher.

Der Vorstoß des Bundes geht zurück auf das Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig vor einem Jahr. Es hatte entschieden, dass Fahrverbote zwar grundsätzlich zulässig sind – sie müssen aber „verhältnismäßig“ sein.

Auch Wuppertal: Fahrverbote werden in diesen NRW-Städten unwahrscheinlicher
Foto: Quelle: Unweltbundesamt/ Foto: Frank Rumpenhorst (dpa)

Wie bewertet die EU-Kommission die Berliner Pläne?

Die EU-Kommission hat mitgeteilt, dass sie keine grundsätzlichen Bedenken hat. Das bedeutet: Der Grenzwert von 40 Mikrogramm bleibt zwar gültig, wird aber faktisch auf 50 Mikrogramm erhöht. Brüssel teilt die Berliner Position, dass Fahrverbote in Städten mit bis zu 50 Mikrogramm nicht verhältnismäßig sind.

Was bedeutet das für die Städte in NRW?

In vielen deutschen Städten wird der EU-Grenzwert überschritten. Das gilt auch für etliche Kommunen in NRW. In den meisten Fällen liegt der Wert aber nicht über 50 Mikrogramm. Das heißt: In Städten wie Wuppertal und Aachen ist die Gefahr, dass Fahrverbote angeordnet werden, sehr gering. Anders sieht das in Köln, Düren, Düsseldorf und Dortmund aus. Dort wurde 2018 nach Angaben des Umweltbundesamtes auch die neue Messlatte von 50 Mikrogramm gerissen.

Was sagt die Deutsche Umwelthilfe dazu?

„Die Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ändert in der Sache nichts“, sagt der Anwalt Remo Klinger, der die klagende Deutsche Umwelthilfe in vielen Fahrverbotsfällen vor Gericht vertreten hat. Fahrverbote seien auch in Städten mit einer Belastung unter 50 Mikrogramm weiter möglich, wenn alle sonstigen Möglichkeiten ausgeschöpft seien.

Wie werden die Verwaltungsgerichte die neue Lage bewerten?

Für Städte wie Köln, Bonn, Essen und Gelsenkirchen hatten Verwaltungsgerichte bereits Fahrverbote angeordnet. Allerdings ging das Land in Berufung. Das Oberverwaltungsgericht Münster wird noch in diesem Jahr über die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen urteilen. Die Deutsche Umwelthilfe hat Klagen zu den Luftreinhalteplänen in insgesamt 14 NRW-Städten erhoben. Wie die Richter die neue Lage bewerten, wird sich dann zeigen. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass es in Städten mit einer Belastung bis 50 Mikrogramm keine Fahrverbote für Diesel-Pkw mehr geben wird. Wo solche Beschränkungen bereits angeordnet wurden – zum Beispiel auf der A40 in Essen – fallen sie dann wieder weg.

Wie reagieren Vertreter der Kommunen?

Die Entscheidung Brüssels gebe „Anlass zu der Hoffnung, dass die Oberverwaltungsgerichte diese Entscheidung berücksichtigen“, sagte Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) auf dpa-Anfrage. Baranowski findet, „dass solche Verbote unverhältnismäßig sind, weil sie zu Lasten der Verkehrsteilnehmer und auch der Wirtschaft gehen“. Zugleich betonte er, dass die Schadstoffbelastung mit anderen Maßnahmen gesenkt werden müsse, zum Beispiel durch den Einsatz von Elektrobussen oder eine noch stärkere Förderung des öffentlichen Nahverkehrs.

Was wird aus Umtauschprämien und der Nachrüstung?

Die Autohersteller bieten Dieselfahrern Umtauschprämien an, wenn sie ihre alten Fahrzeuge abgeben und sich ein neues Auto oder einen Jahreswagen kaufen. Das können sich viele aber nicht leisten. Daimler und VW zahlen 3000 Euro bei Nachrüstungen, aber noch fehlt die zertifizierte Technik.

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