Jahresbilanz Arbeitsmarkt: Aufschwung endete schon vor Corona

Wuppertal · Pandemie beschleunigt den Strukturwandel in Wuppertal.

 Martin Klebe, Leiter der Agentur für Arbeit Wuppertal-Solingen, sagt, dass vor allem die Zahl der 450-Euro-Jobs stark zurückgegangen sei.

Martin Klebe, Leiter der Agentur für Arbeit Wuppertal-Solingen, sagt, dass vor allem die Zahl der 450-Euro-Jobs stark zurückgegangen sei.

Foto: WZ/Arbeitsagentur

Auch bezogen auf den Arbeitsmarkt in Wuppertal stellt sich dieses Jahr die zentrale Frage nach den Auswirkungen der Pandemie. In der Jahresbilanz verzeichnet die Arbeitsagentur für Wuppertal das Ende des Beschäftigungsaufschwungs sowie einen verstärkten Strukturwandel durch die Pandemie und einen historischen Höchstwert der Kurzarbeit.

Der seit 2009 stattfindende Beschäftigungsaufschwung endete bereits vor der Pandemie, verstärkte sich aber durch sie. „Wir haben bis zum März 2020 einen wirklichen Beschäftigungsboom erlebt“, sagte Martin Klebe, Leiter der Agentur für Arbeit Wuppertal-Solingen. Insgesamt ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen von März 2019 bis März 2020 um 592 auf 127 310 und damit um 0,5 Prozent gestiegen. NRW-weit waren es noch 1,3 Prozent. Daran sehe man, dass ein weiterer Aufschwung nicht stattgefunden habe. Die Arbeitslosigkeit stieg um 3217 Personen auf 17 970 und damit um 21,8 Prozent. „Wir haben in etwa das Niveau der Jahre 2015/16 erreicht“, so Klebe. Bei langfristiger Betrachtung, sei die Zahl im Bereich der Arbeitsagentur eine „sehr lange nicht dagewesene Arbeitslosenrate.“ Mit dem September sei sie aber in einen leichten Sinkflug gegangen, wie es weitergeht, sei aufgrund des zweiten Lockdowns schwer einzuschätzen. Die Unterbeschäftigung ist weiter sehr hoch und mit 15,7 Prozent eine der höchsten in NRW.

Die Auswirkungen der Pandemie schlagen sich bei den geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen nieder. Gegenüber dem Vorjahr ist hier die Beschäftigung um zirka 1800 Stellen (fünf Prozent) zurückgegangen. Klebe betonte, dass der Trend seit einigen Jahren rückläufig sei, wobei es sich um sogenannte Minijobs handele, die die Menschen ausschließlich ausübten und nicht als Nebentätigkeit. „Der Rückgang hat sich aufgrund von Corona stark beschleunigt“, so Klebe, „Vor allem in den Branchen der Gastronomie und des Handels, wo traditionsgemäß viele 450-Euro-Kräfte beschäftigt werden.“

Kurzarbeit auf einem historischem Niveau

Knapp 80 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten arbeiten als Fachkraft, Spezialist oder Experte. Die meisten von ihnen sind zwischen 25 und 55 Jahre alt. Im Helferbereich habe es einen eindeutigen Rückgang gegeben, so Roth. Bei den Älteren wiederum verzeichnet die Arbeitsagentur Anstiege. „Das deutet daraufhin, dass Fachkräfte weiterhin gesucht werden“, sagte Kirstin Roth.

Die Zahl der Kurzarbeiter befindet sich auf historischem Niveau. Im Juni gab es 17 598 realisierte Kurzarbeiter in Wuppertal, im November seit dem Frühjahr einen erneuten leichten Anstieg. Diesmal seien Branchen dabei, die bisher weniger betroffen waren, etwa Frisöre, so Roth. „Wir mögen uns alle nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn es die Kurzarbeit nicht gegeben hätte“, sagte Roth, „Insofern ist die Kurzarbeit ein gutes Instrument.“

Unter Corona-Einfluss habe der Strukturwandel zudem Fahrt aufgenommen. Geschäftsführerin Kirsten Roth sagte zur Entwicklung für Wuppertal, dass die Erwerbstätigkeit von Frauen deutlich zugenommen habe, von Männern geringfügig zurückgegangen sei. Außerdem gebe es einen deutlichen Anstieg von 1186 Stellen in der Teilzeitbeschäftigung. Damit befanden sich in Wuppertal im März 2020 29,1 Prozent aller Beschäftigten in Teilzeit. Mit Blick auf die Beschäftigung von Ausländern stellte die Bundesagentur für Arbeit in Wuppertal zudem einen deutlichen Anstieg von 749 Personen im Vergleich zum Vorjahr fest.

Im Ausblick auf das kommende Jahr sieht Martin Klebe das erste Quartal stark beeinflusst von der Pandemie. Man müsse abwarten und erwarte, dass die zugelassenen Impfstoffe auch wirksam sind. „In dieser Krise muss man immer mit neuen Wendungen rechnen“, so Klebe, „Ich glaube, dass wir im April, Mai und Juni mit besseren Entwicklungen rechnen dürfen.“

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