Tanztheater Binder-Kündigung ist unwirksam

Wuppertal · Die Intendantin des Tanztheaters hat erfolgreich vor dem Arbeitsgericht geklagt.

Adolphe Binder zeigte sich nach der Verhandlung im Kreis einiger Tänzer erleichtert über das Urteil.

Adolphe Binder zeigte sich nach der Verhandlung im Kreis einiger Tänzer erleichtert über das Urteil.

Foto: Schwartz, Anna (as)

„Das Gericht stellt fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht beendet ist.“ Das war der Schlusspunkt einer zweistündigen Verhandlung am Donnerstag vor dem Arbeitsgericht: Adolphe Binder hatte gegen ihre fristlose Kündigung als Intendantin des Tanztheaters Wuppertal geklagt und Recht bekommen.

Dieses Ergebnis – nach kurzer Beratung verkündet – war keine Überraschung mehr. Schon zuvor hatte der Vorsitzende Richter erkennen lassen, dass die Argumente des Tanztheaters nicht ausreichen, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Damit ist Adolphe Binder weiterhin Intendantin des Tanztheaters.

Die Stadt will auf jeden Fall
in Berufung gehen

Johannes Slawig (CDU), Personaldezernent der Stadt, die Gesellschafterin der Tanztheater GmbH ist, sprach von einer „bitteren Niederlage“. Die Stadt werde auf jeden Fall in Berufung gehen. Kulturdezernent Matthias Nocke (CDU) sprach von einem „schwarzen Tag für das Tanztheater“. Denn er glaube nicht, dass diese Entscheidung dem Tanztheater diene, um dessen Zukunft es ihm vor allem gehe. Adolphe Binder, die zur Verhandlung gekommen war, sagte anschließend, sie freue sich über die Entscheidung, die sie für richtig halte – „auch für die Kunst“. Jetzt sei wieder Zeit, diese ins Zentrum zu stellen.

Binder war im Mai 2017 mit großen Erwartungen als Intendantin engagiert worden, sollte acht Jahre nach dem Tod von Gründerin Pina Bausch das Tanztheater weiterentwickeln. Ihr Arbeitsvertrag ist auf fünf Jahre befristet und sieht die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung nicht vor. Am 13. Juli 2018 erhielt sie eine fristlose Kündigung. Vorausgegangen waren offenbar monatelange Konflikte im Tanztheater, wie erst dann bekannt wurde.

Dass die gegenseitigen Vorwürfe vielfältig und kompliziert sind, wurde schon bei der Güteverhandlung im September deutlich. Beide Seiten warfen einander vor, die Kommunikation zu verweigern. Der wichtigste Vorwurf des Tanztheaters: Binder habe keinen brauchbaren Spielplan vorgelegt, der von ihr erstellte vorläufige Plan sei nicht umsetzbar gewesen. Das überzeugte das Gericht nicht.

Eine Liste mit Kritikpunkten am vorläufigen Plan hatte das Tanztheater am 22. Mai 2018 als Abmahnung verschickt – die jedoch den formalen Kriterien einer Abmahnung nicht genügte. Allein deswegen sei die fristlose Kündigung hinfällig, erklärte der Richter. Doch auch inhaltlich war er nicht überzeugt: Adolphe Binder habe Stücke auf den Plan gesetzt – obwohl Geschäftsführer Dirk Hesse und andere davon abrieten. „Aber ist das nicht ihre Aufgabe, das zu entscheiden?“, fragte der Richter. Kurz zuvor in der Verhandlung hatte Hesse selbst bestätigt: „Die Programmplanung liegt in den Händen der Intendanz.“

Auch die detaillierte Erklärung Hesses, an welchen Stellen Binder wichtige Aspekte wie das Alter der Tänzer, die Notwendigkeit längerer Proben, den hohen künstlerischen Anspruch des Tanztheaters oder die Wichtigkeit langfristiger Planung nicht beachtet habe, stimmte das Gericht nicht um: „Das mag alles richtig sein, hat aber in einer Abmahnung nichts zu suchen. Abmahnung heißt: ,Du erfüllst deine Pflichten nicht’“, erklärte der Vorsitzende Richter.

Das Argument, andere Mitarbeiter hätten mit Kündigung gedroht, wenn Binder bleibe, hielt das Gericht nicht für ausreichend belegt. Zudem hätte sich das Tanztheater zunächst vor Binder stellen und eine Klärung suchen müssen. Erst bei einem Misserfolg sei eine fristlose Kündigung gerechtfertigt.

Auch die erst kürzlich vorgebrachte Anfechtung des Arbeitsvertrags erkannte das Gericht nicht an. Das Tanztheater hatte vorgetragen, Adolphe Binder habe über ihr voriges Arbeitsverhältnis in Göteborg nicht die Wahrheit gesagt, deshalb sei ihr Wuppertaler Vertrag nichtig. Was dort passiert sei, müsse sie nicht offenlegen, hatte das Gericht erklärt. Denn es habe offenbar eine Einigung mit Stillschweigevereinbarung gegeben.Kommentar

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