Andreas Schäfer: „Wir müssen keinen Flohmarkt veranstalten“

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Vohwinkeler Vereine spricht Klartext.

Herr Schäfer, Sie haben den Vohwinkeler Flohmarkt abgesagt. Wie fühlt man sich als Sündenbock?

Andreas Schäfer: Zunächst einmal: Nicht ich habe den Flohmarkt abgesagt, sondern die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Vohwinkeler Vereine haben mit großer Mehrheit entschieden, in diesem Jahr keinen Flohmarkt zu veranstalten. Insofern geht es hier nicht um mich und meine Vorstandskollegen allein.

Aber von Ihnen ging die Initiative aus. Hätten Sie mit derartig heftigen Reaktionen gerechnet?

Schäfer: Dass das Thema die Wuppertaler beschäftigt, war klar. Doch momentan ist die Diskussion von Unsachlichkeit und Polemik geprägt — insbesondere, was man im Internetforum selbst ernannter Retter liest, ist an Unwissenheit kaum noch zu überbieten.

Einer der Vorwürfe lautet, Sie würden so tun, als sei der Vohwinkeler Flohmarkt „Ihr“ Flohmarkt.

Schäfer: Aber das ist er ja auch! Es ist unser Flohmarkt der AGVV und nicht etwa der eines professionellen Veranstalters oder derjenigen, die meinen, sie müssten jetzt den Flohmarkt retten.

Es heißt, die Vereine stellen sich quer, wollen verhindern, dass jemand anderes das Fest fortführt.

Schäfer: Aber gar nicht. Mein Vorschlag an alle, die sich jetzt aufschwingen: Legt los, macht es! Wir können, wollen und werden niemandem verbieten einen Flohmarkt im Zentrum zu organisieren. Nur ist das dann nicht mehr unser Vohwinkeler Flohmarkt, sondern ein Trödelmarkt auf der Kaiserstraße.

Und weshalb wollen Sie nicht mit einem professionellen Veranstalter zusammenarbeiten?

Schäfer: Wir sind übereingekommen, dass wir uns eine Zusammenarbeit mit einem kommerziellen Veranstalter nicht vorstellen können.

Warum nicht?

Schäfer: Weil sich die Konzepte widersprechen. Profis wollen Gewinne machen. Ein kommerzieller Veranstalter würde den Charakter des Fests verändern.

Noch ein Vorwurf: Die Vereine wollen den Reibach selbst machen.

Schäfer: Der Vohwinkeler Flohmarkt wird von ehrenamtlichen Helfern der AGVV aufrechterhalten, die die gesamte Arbeit leisten. Wenn ich als Verein mit meinem Personal eine solche Großveranstaltung stemme, dann ist es ja wohl das mindeste, dass ich mit einem Stand meine Kasse füllen kann. Jeder Euro, der den Vereinen zukommt, ist gut angelegt.

Sie würden also auch keinem professionellen Veranstalter helfen?

Schäfer: Bin ich verrückt? Ich arbeite seit zehn Jahren ehrenamtlich für den Flohmarkt, und soll jetzt anderen beim Geldverdienen helfen?

Im Internet wird auch gefragt, ob Sie sich nicht mit einer Veranstalterhaftpflichtversicherung hätten absichern können. . .

Schäfer (lacht): Natürlich haben wir eine Versicherung, seit Jahren schon. Wir haben übrigens die gleiche Versicherung beim gleichen Versicherer, wie der Herr Schaller für seine Loveparade in Duisburg hatte. Aber die Versicherung nimmt mir doch nicht die Verantwortung ab! Sie verschont mich im Unglücksfall auch nicht vor einer juristischen Aufarbeitung.

Noch ein Vorschlag: Die Gründung einer Flohmarkt-GmbH.

Schäfer: Ein toller Vorschlag. Als Geschäftsführer einer GmbH kann ich genauso im Knast landen, wenn ich fahrlässig handele, wie als Vereinsvorsitzender. Gerade bei einer solchen Großveranstaltung kann einem Fahrlässigkeit unterlaufen. Da braucht man gar nichts zu konstruieren.

Was bitte, könnte denn beim Vohwinkeler Flohmarkt passieren?

Schäfer: Mein Horror-Szenario: Es ist Sonntag, 18 Uhr, Flohmarkt-Ende. Alle sind übermüdet, auf der Meile sind noch Tausende Last-Minute-Schnäppchenjäger unterwegs. Die ersten Händler rücken zum Abbau mit ihren Autos an, es kommt zum Unfall. Ist noch nie eingetreten, Gottseidank.

Das Risiko hat Sie zum Rückzug veranlasst? Die Sicherheitsauflagen?

Schäfer: Es geht nicht um einzelne Punkte der Ordnungsverfügung, auch nicht um die Meldekette. Es geht letztendlich um die Verantwortung insgesamt. Die liegt nach wie vor beim Veranstalter.

Und diese Verantwortung wollen Sie nicht mehr übernehmen.

Schäfer: Genau. Das hat die AGVV beschlossen.

Es gibt also keinen Flohmarkt.

Schäfer: Es gibt 2012 keinen Flohmarkt der AGVV.

Sie seien wie ein ungezogenes Kind, das teures Spielzeug kaputt mache, lautete ein anderer Vorwurf.

Schäfer: Eine Unverschämtheit. Wir haben den Flohmarkt 40 Jahre lang veranstaltet, die Vereine — Vohwinkeler Bürger — haben Zeit, Arbeit und Engagement investiert. Wenn wir sagen, uns ist die Verantwortung zu groß, dann ist das unsere Entscheidung, dann hat man das bitte zu respektieren.

Aber haben Sie nicht auch eine Verpflichtung für die Traditionsveranstaltung, müssten Sie erhalten. . .?

Schäfer: Der Männerchor muss singen, und der VSTV muss ein Sportangebot vorhalten. Aber wir alle zusammen — wir müssen keinen Flohmarkt veranstalten. Wir sind nicht in der Fremdenlegion, es heißt für uns nicht „einmal dabei, immer dabei“.

Sie haben der Stadt ein Sicherheitskonzept hinterlassen.

Schäfer: Das Sicherheitskonzept, wurde bereits 2010 von uns ausgearbeitet. Unser ganzes Know-how zum Thema Sicherheit findet sich darin wieder. Es handelt sich im Übrigen um das Konzept der AGVV — nicht um das von Stadt oder Feuerwehr.

Sicher gibt es viele Angebote zur Mithilfe oder gute Ratschläge?

Schäfer: Mein E-Mail-Postfach ist voll. Die einen erhoffen sich ein Bundesverdienstkreuz, die anderen gute Geschäfte. Ich habe keine Zeit, all den Versicherungsvertretern und Besserwissern zu antworten.

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