Hommage „Am schönsten ist es, wenn es Spaß macht“

Das Tanztheater Wuppertal ehrt Pina Bausch mit einer einmaligen Performance im Opernhaus.

Am 30. Juni dieses Jahres, dem 10. Todestag von Pina Bausch, weilte ihr Ensemble in Paris, verbrachte mit den französischen Freunden im Gedenken einen „journée avec Pina“. Am Donnerstag, zum Auftakt der neuen Spielzeit 2019/20, gedachte es nun mit und in seiner Heimatstadt des Jahrestages.

Sehr zur Freude der Wuppertaler,  die eine lange, einmalige und gar nicht tieftraurige „Nacht für Pina“ im Opernhaus in Barmen erleben durften. Nach der Wiederaufführung des sogenannten Chile-Stücks (Besprechung siehe Kulturseite) gestalteten Mitglieder der Compagnie mit Gästen eine beeindruckende, anrührende Hommage, die die große Choreographin auf sehr persönliche Art und Weise sehr lebendig werden ließ. Und die die besondere Qualität des Tanztheaters einmal mehr vor Augen führte.

Mittendrin ist da der Moment, da nur noch Dominique Mercy auf der Bühne sitzt. Eine Bühne, die voll gestellt ist mit Stühlen und Bistrotischen, die an Pinas Stück „Café Müller“ denken lassen. Der Tänzer und langjährige Weggefährte Pinas zitiert aus ihrer bekannten Rede, die sie 2007 anlässlich der Verleihung des Kyoto-Preises für ihr Lebenswerk hielt. Eine Rede, aus der auch andere Tänzer vorlesen, Mercy aber wählt eine hochaktuelle Passage. Bausch betont darin, wie wichtig das Reisen und damit Kennenlernen anderer Kulturen und Lebenswesen sei, weil es die Angst voreinander nehme und das Verbindende stärke. Ein deutlicher Appell gegen Fremdenfeindlichkeit.

Dem ernsten Moment folgt abrupt eine der typischen wie beliebten Ensembleszenen Pina Bauchs. Die Tänzer spielen ausgelassen Verstecken und Fangen, finden sich immer wieder zu gemeinsamen Bewegungsabläufen vor allem der Arme und Hände, den Blick lächelnd ins Publikum gerichtet. Eine Szene aus Bauschs Stück „1980“. Und Ende der Performance, die mitunter wie ein weiteres Stück von Pina Bausch wirkt und zugleich vieles über ihr Denken und Arbeiten verrät.

Heitere Hommage schöpft aus einem reichen Zitatenschatz

Diese Hommage verzichtet auf blutleere Elogen, sie ist heiter, hin und wieder etwas melancholisch. Pina Bausch, die vermeintlich Schweigsame, ist selbst die Rednerin. Ihr Schatz an Zitaten ist unerschöpflich. Über die Anfänge im alten Kinosaal der Lichtburg in Barmen (wo noch heute geprobt wird), über die geliebte Alltagsstadt Wuppertal, über das Tanzen, über ihr Interesse an dem, was Menschen bewegt. Während die Filmeinspielungen mit ihr in den verschiedenen Opernfoyers während der Umbaupausen noch unbemerkt im Geplauder des Publikums untergingen, spricht nun Pina durch die Tänzer. Unterbrochen durch die bekannten, sich wiederholenden Bewegungsabläufe, mal eher getragen, mal verspielt, mal introvertiert, mal ausgelassen, durch das direkte Gespräch mit dem Publikum, dem die Tänzer Fotos und Obst anbieten. Auch die berüchtigten Fragen-Zettel der Choreographin werden auf dem Boden ausgeschüttet, mit denen sie die Tänzer zu „Herz fühlen“, Pippi machen“ oder „Durchhalten“ aufforderte.

 Bei den persönlichen Erinnerungen sind die Älteren in der Compagnie klar im Vorteil. Héléna Pikon, eröffnet die Aufführung mit einem charmant-scheuen „I‘m sorry, we have to go“, das sie in ein „May be, we have to go together, and I think, it‘s a very good idea“ wandelt. Julie Shanahan demonstriert breitbeinig ihr Markenzeichen, das Schreien. Nazareth Panadero rollt genießerisch das „R“ – „er kann das nicht, ich kann das“. Und als die Tänzer in einer Reihe an der Bühnenrampe sitzen und alle durcheinander von ihren Begegnungen mit Pina sprechen, begeistert Jo Ann Endicott das Publikum mit ihrem Satz „Ich komm ja nicht weg von Wuppertal“.

Der Bühnenteil der Feier endet mit der charmanten Aufforderung an die Wuppertaler zum Tangotanz. Das letzte Wort aber hat Pina Bausch in Anne Linsels gleichnamigen Film von 2006, dessen Vorführung die einmalige Nacht beschließt. Das Tanztheater ist mehr denn je mit großer Freude und Kreativität unterwegs. Denn, so sagte Pina Bausch einst, „am schönsten ist es, wenn es Spaß macht“.

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