Am Glühweinstand mal auf der anderen Seite der Theke

WZ-Autorin Patricia Friedek hat Glühweinverkäuferinnen auf dem Weihnachtsmarkt in Barmen über die Schulter geblickt.

Am Glühweinstand mal auf der anderen Seite der Theke
Foto: Anna Schwartz

Barmen. Als ich gegen 18 Uhr den Weihnachtsmarkt auf dem Johannes-Rau-Platz betrete, ist es rappelvoll. Ich kämpfe mich zum ersten Glühweinstand durch, der ziemlich mittig vom Weihnachtsmarkt steht. Dort angekommen bitte ich eine der beiden Verkäuferinnen um ein Interview. „Keine Zeit, wir sind heute nur zu zweit“, sagt sie freundlich, während sie Gläser in die Spülmaschine räumt. Ich solle mal bei Müllers fragen, das ist der andere Glühweinstand auf dem Barmer Weihnachtsmarkt.

Weihnachtslieder erklingen von der Bühne neben dem Rathaus. Gleich davor sammeln sich mehrere Gruppen von Menschen mit dampfenden Gläsern auf den Tischen oder in den Händen. Lautes Gelächter tönt von mehreren Seiten. Es riecht nach Glühwein und Kakao. Das muss er sein, der andere Stand. Hier sind es vier Mitarbeiter, die fleißig Glühwein ausschenken. Eine nimmt Bestellungen entgegen, der andere räumt die benutzten Gläser ein, eine andere wischt die Theke. Richtige Teamarbeit also. Eine Mitarbeiterin opfert ihre Pause, um mit mir zu sprechen.

Janine Kraut arbeitet in diesem Jahr zum ersten Mal als Aushilfe am Glühweinstand. „Man muss schnell sein und gleichzeitig die Ruhe bewahren“, sagt sie. Man brauche gute Koordination, bei den vielen Leuten, die man bedienen muss. Gläser spülen, Tische sauber machen, Teelichter anmachen, Kekse auffüllen - das sind neben dem Glühweinzapfen die Aufgaben für einen Glühweinstandverkäufer. Und dabei müssen die Mitarbeiter noch den Überblick behalten. „Das kommt schon mal vor, dass jemand zehn Glühwein bestellt, da müssen wir irgendwann einfach ‚stopp’ sagen“, erzählt Janine Kraut. Einmal sei ein Gast umgefallen, weil er zu viel getrunken hatte.

„Manchmal sind die Gäste sehr unfreundlich, das muss man einfach weglächeln“, sagt Janine. „Da muss ich kurz in mich gehen und durchatmen, dann geht es wieder.“ Aber die meiste Zeit mache ihr der Job sehr viel Spaß. „Ich liebe es, mich mit den Gästen zu unterhalten“, so Janine. Eine ältere Dame kommt zum Beispiel alle paar Tage ohne etwas zu bestellen, einfach um sich zu unterhalten. „Sie bringt Kekse mit und Süßigkeiten und bleibt drei Stunden, einfach um zu reden. Das finde ich sehr schön“, erzählt Janine Kraut. Selbst ist Janine noch nicht in Weihnachtsstimmung. „Ich weiß nicht ob es an dem Job liegt, aber ich glaube, ich muss erstmal zur Ruhe kommen.“

Ihre Kollegin Janina Reiners verkauft schon seit mehreren Jahren Glühwein. „Man ist ein Telefon für jegliche Art von Beziehungsproblemen“, erzählt sie. Ob man selbst auch mal bei der Arbeit einen Glühwein trinkt? „Ich trinke eher den Punsch“, sagt Janina Reiners. Auch sie mag den Job sehr, betont sie. „Wenn es stressig ist, macht es am meisten Spaß“, sagt die Verkäuferin.

Auf der anderen Seite der Theke herrscht muntere Stimmung. Miriam Schäfer ist mit ihren Bekannten da. „Wir kommen jedes Jahr hierher, der Glühwein ist hier am besten“, sagt sie. „In der Weihnachtszeit haben alle viel Stress, da ist das Besinnen schwer. Da ist es schön, wenn man sich vor Weihnachten für ein paar Stunden trifft, um an Weihnachten zusammen zu sein“, sagt Miriam Schäfer.

Auch Michael Baumann ist mit ein paar Freunden hergekommen. „Bei uns ist das Glühweintrinken Tradition“, sagt er. Die Gruppe kennt sich schon seit 15 Jahren, erzählt er. Sie hätten schon mehrere Stände in Wuppertal ausprobiert. Auch auf Schloss Lüntenbeck waren sie. Er persönlich sei sehr gerne auf Weihnachtsmärkten. „In der Weihnachtszeit ist die Stimmung ganz anders, die Leute sind viel glücklicher und herzlicher.“

Gegen halb acht abends leert sich der Weihnachtsmarkt langsam. Offiziell hat er bis 19 Uhr geöffnet. Gerade an Wochenenden arbeiten die Glühweinverkäufer aber auch schon mal bis 21.30 Uhr, wie Janine Kraut erzählt. Dann muss schon einmal für den nächsten Tag aufgeräumt werden.

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