Als die Post noch mit dem Pferdefuhrwerk kam

Manfred Müller (81) erinnert sich an die vergangenen Tage der Wuppertaler Hauptpost am Platz am Kolk.

Zentrum. Im November soll am Platz am Kolk das Post Boutique Hotel eröffnen. Erinnerungen an die Zeit, als das Gebäude noch die Hauptpost von Wuppertal war, haben zwei Postler mit der WZ geteilt. Von der Morianstraße starteten bis Mitte der 70er Jahre die Briefträger, die den Wuppertalern Briefe, Postkarten und auch ihre Rente brachten. „Das war früher ein Traumjob“, sagt der 74-jährige Postler, der in der Zeitung lieber ohne Namen bleiben möchte, der aber gern von seiner Zeit bei der Post erzählt. 1958 hat er mit 14 Jahren bei der Post die Ausbildung begonnen. Denn schon Vater, Onkel und Schwester hatten bei der Behörde ihr Auskommen gefunden. Er wurde Zusteller, lief von Haus zu Haus. „Da hatte man viel Kontakt zu den Leuten“, sagt er. Oft habe er nach Dienstschluss noch Besorgungen für diejenigen erledigt, die Hilfe brauchen. Sortiert hat er seine Briefe bis Mitte der 70er Jahre jeden Morgen im Hauptpostamt an der Morianstraße 5 — bis die Hauptpost zum Kleeblatt zog.

Als die Post noch mit dem Pferdefuhrwerk kam
Foto: A. Fischer

Im Haus an der Morianstraße hat auch Manfred Müller (81) viele Jahre gearbeitet: Er fing ebenfalls als Zusteller an, ging dann in den mittleren Dienst, beaufsichtigte die Zusteller, machte Schalterdienst, zum Schluss hatte er in der vierten Etage sein Büro als „UVBea“ — Unfallverhütungsbeamter. Er erklärt das Gebäude: „In der ersten Etage waren Büros, in der zweiten Etage war der große Zustellersaal, in der dritten unter anderem die Hauptkasse und das Formblattlager, in der vierten später die Kantine.“ Anfangs sei in Teilen des Hauses noch das Finanzamt untergebracht gewesen. Und in der Rundung zur Morianstraße hin, „da war ,das stumme Postamt’“, sagt Manfred Müller. „Da standen die Briefmarkenautomaten und die Telefonzellen.“

Beide Postler erinnern sich, dass bis 1958 noch Pferdefuhrwerke Pakete zu den Adressaten brachten. Die Tiere hatten ihren Stall an der Wiesenstraße. Die Kutschen seien in Kurven leicht umgekippt. Und manche Straße sei zu steil für sie gewesen: „Dann musste der Zusteller aussteigen und die Pakete zu Fuß hochtragen.“

Eine wichtige Aufgabe der Post war die Auszahlung der Rente: Einmal im Monat füllte sich im Gebäude an der Morianstraße der spezielle Saal für die Rentenauszahlung. „Den Rest der Zeit spielte dort der Postsportverein Tischtennis“, erzählt Manfred Müller. Die Zusteller brachten die Rente auch zu den Empfängern. „Bis zu 20 000 Mark durften wir mitnehmen“, sagt der langjährige Briefträger, der heute mit Verwunderung darauf zurückblickt. Passiert sei seines Wissens nie etwas.

Das Postgebäude bestand nicht nur aus Büros. In dem Haus habe auch bis in die 60er Jahre der Amtsvorsteher gewohnt, erzählt Manfred Müller. Und sein Kollege weiß noch, dass es im Keller Duschen für Mitarbeiter gab. Die wurden bis in die 50er Jahre genutzt von Postlern, die kein eigenes Bad hatten, auch von ihren Familien. Er erinnert sich, dass er als Kind mit seiner Mutter dorthin ging. „Da war scheußliche Luft, alles voller Wasserdampf.“

Dass das Gebäude jetzt ein Hotel wird, freut beide Postler. „Das belebt den Platz“, sagt der 74-Jährige.

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