Konzert 30 Instrumente gespielt von einer Frau

Solistin Vivi Vassileva und Komponist Oriol Cruixent stehen vor Uraufführung.

 Perkussionistin Vivi Vassileva, mit Komponist Oriol Cruixent, bereitet sich auf die Premiere vor.

Perkussionistin Vivi Vassileva, mit Komponist Oriol Cruixent, bereitet sich auf die Premiere vor.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Die Uraufführung des Schlagzeugkonzerts „Oraculum“ steht vor der Tür, und für Perkussionistin Vivi Vassileva geht es an die Feinarbeit. Auf der Bühne der Stadthalle hat sie fast 30 verschiedene Instrumente vor sich – von Marimba und Becken bis hin zu japanischen Trommeln und der aus dem Nahen Osten stammenden Darbuka. Gewissenhaft probiert sie aus. Welcher Schlägel lässt welches Instrument am besten klingen? Welcher ist weich, welcher hart genug?

Ratschläge bekommt sie direkt vom Komponisten Oriol Cruixent. Er begleitet die Proben und wird auch beim 9. Sinfoniekonzert am 19. und 20. Mai dabei sein, wenn die 25-jährige gemeinsam mit dem Sinfonieorchester Wuppertal „Oraculum“ aufführt. Den Weg zur großen Premiere hat Generalmusikdirektorin Julia Jones geebnet. Nach dem umjubelten Auftritt im Vorjahr war ausgemacht, dass Vassileva wieder in der Stadthalle spielen würde.

Im Gespräch lobt Vassileva Jones‘ Offenheit. „Sie hatte den Mut zu sagen: Nein, wir müssen etwas Neues ausprobieren.“ Also durfte die Solistin Cruixent, der schon vorher Stücke für die Perkussionistin komponiert hat, mit ins Boot holen. Der Spanier, Jahrgang 1976, schrieb ein Stück, das Solistin und Orchester auf eine Klangreise in sieben Teilen schickt. Diese Struktur orientiert sich an der indischen Lehre, dass es im menschlichen Körper sieben Zentren spiritueller Kraft („Chakren“) gibt.

Was esoterisch klingt, lässt sich auch handfest verstehen. „Oraculum“ beginnt mit wuchtig-tiefen Klängen auf Fell-Instrumenten – Trommeln. Weiter geht es mit Holzinstrumenten wie der Marimba, auf der Vassileva ein ausladendes Solo spielt. Metallinstrumente erklingen am Schluss – so das „Aluphone“, das aus gestimmten Glocken besteht.

Anders als bei klassischen Konzerten muss das Orchester nicht in der Rolle des Begleiters verharren. „Es ist ein Zusammenspiel“, erklärt Cruixent, „bei dem manchmal das Orchester führt, manchmal Vivi.“ Auch die übliche Instrumentierung hat der Komponist erweitert. So hat er in den Bläsersatz vier Saxophone integriert – was es sonst nur bei Big Band-Jazz gibt.

Auch für die Solistin hält „Oraculum“ Neues bereit. Für die Uraufführung hat sie sich mit Instrumenten beschäftigt, die sie sonst nicht spielt – etwa mit jamaikanischen Steel Drums. „Da sind die Töne so wild verteilt, dass es eine richtige Herausforderung war.“ Gerade darin besteht für Vassileva die Faszination. „Der Funke zündet, weil ich immer etwas Neues lernen kann.“

Zum ersten Mal sprang der Funke über, als das Kind Vivi an einem Strand eine Gruppe ausgelassener Trommler hörte. Ihr Erstinstrument Geige spielte nun keine Rolle mehr. Von da an widmete sie sich dem Schlagzeug. Mit 13 Jahren gab sie ihr Debüt als Solistin – mit den Symphonikern ihrer Heimatstadt Hof, wo sie 1994 in eine bulgarische Musikerfamilie geboren wurde. Es folgte die erfolgreiche Teilnahme an zahlreichen Wettbewerben. Außerdem gewann sie mehrere Sonderpreise, etwa beim ARD-Musikwettbewerb 2014 in München. Zurzeit absolviert sie ein Masterstudium am Mozarteum Salzburg bei Martin Grubinger.

Das Team Vassileva und Cruixent denkt darüber nach, wie es mit „Oraculum“ weitergeht. Weitere Aufführungen sind fest eingeplant. „Wir möchten eine Version für Klavier und Schlagzeug-Quartett erstellen.“

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