20 Jahre Hilfe für Wuppertaler in Not

Der Verein lädt zu seinem Geburtstag zu einem Benefizkonzert mit Dörte und Gästen ins Opernhaus ein.

Wuppertal. Tagtäglich ergeben sich in Wuppertal echte Notfälle: Der Herd eines alten Ehepaars, das sich in der Grundsicherung befindet, gibt den Geist auf. Einer alleinerziehenden Mutter wird vom Ex-Mann das Mobiliar zerschlagen. In solchen Fällen kann der Sozialstaat manchmal nicht — oder nicht schnell genug — reagieren. Aber der Verein „WiN — Wuppertaler in Not“ kann es, und das seit 20 Jahren. Das soll am Freitag, 16. März, mit einem Benefizkonzert im Opernhaus gefeiert werden. „Wir helfen unbürokratisch und schnell in akuten Notfällen“, sagt WZ-Redaktionsleiter Lothar Leuschen.

Der Verein ist ein Zusammenschluss vier Wuppertaler Medienhäuser, Wuppertaler Rundschau, Radio Wuppertal, WDR und Westdeutsche Zeitung, mit dem Presseamt der Stadt. Die Initiative dazu ergriff 1998 Ernst-Andreas Ziegler — damals beim Presseamt der Stadt, heute Geschäftsführer der Junior-Uni. In diesem Jahr feiert WiN Geburtstag. Anlass genug für den Abend im Opernhaus, dessen Erlös an den Verein geht.

Die Einnahmen sind wichtig, denn WiN finanziert sich komplett aus Spenden, von denen 100 Prozent an die Hilfsbedürftigen ausgeschüttet werden. „Das Spezielle ist, dass wir Leuten helfen, denen ansonsten nicht geholfen wird, weil sie durchs soziale Netz fallen“, sagt Hendrik Walder, Redaktionsleiter der Wuppertaler Rundschau. In 400 bis 500 Fällen wird auf diese Weise jährlich ein sechsstelliger Betrag an Bedürftige ausgeschüttet. „Not ist Not, egal ob selbstverschuldet oder nicht“, sagt Lothar Leuschen.

Ein Bild vor Ort verschaffen sich gut ein Dutzend ehrenamtlicher Helfer, die zu den Betroffenen fahren und sich die Notlage schildern lassen. „Dabei ist kaum ein Fall wie ein anderer“, weiß Rundschau-Chef Walder. Doch WiN hilft ohne Formulare, aufwendige Prüfungen und Verwaltungsarbeit. Die finanzielle Soforthilfe gibt es in der Regel allerdings nur ein einziges Mal, danach folgt die Hilfe zur Selbsthilfe. Für dauerhafte Unterstützung vermittelt der Verein an andere Organisationen und Behörden.

Die Arbeit des Vereins ist für das soziale Leben in Wuppertal eine wichtige Stütze, denn Armut ist im Tal ein ernstes Thema. „Wir gehen davon aus, dass Armut für 20 Prozent der Menschen in Wuppertal bittere Realität ist“, sagt Sozialdezernent Stefan Kühn.

Arm ist nach einer europaweit gültigen Definition derjenige, der weniger als 60 Prozent Durchschnittseinkommen eines Landes zum Leben hat. In Deutschland gilt demnach als arm, wer als Single pro Monat weniger als 917 Euro netto verdient. Bei einer vierköpfigen Familie liegt die Schwelle je nach Alter der Kinder zwischen 1978 und 2355 Euro netto.

In Wuppertal gehören zu der Gruppe der Armen nach dieser Definition die Empfänger von Hartz-IV — das waren im Januar dieses Jahres 52 149 Menschen. Vor einem Jahr waren es noch 2000 Betroffene weniger. Allerdings handelt es sich laut Kühn nur um eine Verlagerung innerhalb des Systems. Aktuell beziehen rund 3000 Menschen Geld nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Vor einem Jahr waren es noch deutlich mehr. Die Flüchtlinge sind allerdings inzwischen anerkannt und nun in vielen Fällen in die Hartz-IV-Statistik gerutscht. Hinzu kommen noch 6000 Wuppertaler in der Grundsicherung.

Kühn weist darauf hin, dass nicht nur Arbeitslose und Kranke in die Armut abrutschen. „Arm trotz Arbeit — auch das gibt es“, sagt der Beigeordnete. Bundesweit verdient jeder zehnte Beschäftige nicht genug, um die Armutsschwelle zu überwinden. Für Wuppertal würde das laut Kühn bedeuten, dass 10 000 bis 15 000 Menschen nicht genug im Portemonnaie haben, obwohl sie Arbeiten gehen.

Die Fälle zeigen: Armut ist oft schwer zu greifen und einzugrenzen. WiN versucht, dort Lücken zu stopfen, wo sie sich plötzlich auftun.

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