Betreuung in Wuppertal Keine Kita, weil der kleine Bruder Schnupfen hat

Wuppertal · Die Regelung zum Umgang mit Krankheitssymptomen bei der Kinderbetreuung sorgt auch in Wuppertal für Diskussionen.

 Sarah Kraft hat Verständnis für das Verhalten der Kita. Da sie noch in Elternzeit ist, wog der Ausfall der Betreuung für Tochter Charlotte nicht so schwer. Sohn Anton – hier im Arm von Mario Kraft – hatte ein Schniefnase.

Sarah Kraft hat Verständnis für das Verhalten der Kita. Da sie noch in Elternzeit ist, wog der Ausfall der Betreuung für Tochter Charlotte nicht so schwer. Sohn Anton – hier im Arm von Mario Kraft – hatte ein Schniefnase.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Der Verband der Kinder- und Jugendärzte hat bereits Kritik geübt an den Regelungen für Kitakinder mit Krankheitssymptomen. Auch in Wuppertal müssen Eltern ihre Sprösslinge erneut aus der Betreuung nehmen. Die fünfjährige Charlotte musste sogar deshalb zu Hause bleiben, weil ihr kleiner Bruder Anton (1) eine Schniefnase hatte.

„Sie hat davon in der Kita erzählt“, berichtet ihre Mutter Sarah Kraft. „Dann kam der Anruf, dass wir sie abholen sollten.“ Das war am 2. Juli. Erst eine Woche später, am vergangenen Donnerstag, war Anton wieder gesund. Da Erkrankte 48 Stunden symptomfrei sein sollen, hat die Familie Charlotte erst am Montag wieder in die Kita geschickt. Weil Sarah Kraft noch in Elternzeit ist, konnte sie sich gut um Charlotte kümmern. Das Vorgehen der Kita will sie auch nicht kritisieren: „Corona hat uns alle vor Herausforderungen gestellt.“

In den Handreichungen des Landes zum Thema heißt es, dass Kinder mit Krankheitssymptomen – egal welcher Art und Stärke – nicht betreut werden dürfen. Und auch solche Kinder nicht, die mit Personen mit Covid-19-Symptomen zusammenleben – „insbesondere Geruchs- und Geschmacksstörungen, Fieber, Husten, Halsschmerzen“.

In seiner Kritik hat der Verband der Kinder- und Jugendärzte das Robert-Koch-Institut gebeten, die Krankheitskriterien zu präzisieren. Das sagt auch der Wuppertaler Kinderarzt Tobias Herbold: „Wir brauchen eine genaue Definition für einen Verdachtsfall. Im Moment gilt jeder, der einmal hustet, als Verdachtsfall. Aber so können wir nicht arbeiten.“

Er sieht die Schwierigkeit, den richtigen Weg zu finden, denn man wisse immer noch zu wenig über das Virus, deshalb würden die Regeln auch immer wieder angepasst. „Sonst sage ich auch immer, ein Schnupfen ist keine Krankheit. Aber jetzt müssen wir vorsichtig sein.“ Er plädiert durchaus dafür, jetzt mit Schnupfen ein paar Tage zu Hause zu bleiben. Er sorgt sich aber, was im Herbst und Winter sein wird: „Dann ist es ganz normal, dass Kinder Husten und Schnupfen haben.“

Drastischer drückt es sein Kollege Dr. Afshin Karimi aus: Diese Regelung sei „Schwachsinn“, findet er, „weil Kindergartenkinder häufig einfach eine ,laufende’ Nase oder Schnupfen haben.“ Das bedeute, dass im Herbst alle Kinder zuhause bleiben müssten. Er müsse zurzeit täglich mehrere Kinder für „infektfrei“ erklären, sie auf Corona testen oder Eltern eine Arbeitsbescheinigung aushändigen, damit die Kinder versorgen können.

Auch Martin Künstler, Fachgruppenleiter beim Verband „Der Paritätische“, sagt: „Im Herbst werden wir das nicht durchhalten. Dann sind die Kitas leer.“ Er erinnert dennoch daran, dass es sich um eine besondere Situation handelt. Erzieherinnen und Eltern müssten entscheiden, ob ein Kind nur leichte Symptome hat oder erkrankt ist. „Es braucht ein besonderes Maß an Verantwortung bei Beschäftigten und Eltern.“ Kita-Mitarbeiter machten sich die Entscheidung nicht leicht, versichert Dirk Manten von der Gewerkschaft Verdi: „Es ist ein Ringen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Das Sommer-Festival im Swane Café ist eröffnet – 15 Konzerte sind bis Ende August geplant