Kommentar Wahlplakat Dritter Weg: Urteil von Chemnitz ist ein schlechtes Signal

Meinung · Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Keine demokratische Gesellschaft kann es sich leisten, sie willkürlich einzuschränken, nie, schon gar nicht in Wahlkampfzeiten. Dennoch schlägt das Plakat der Nazi-Partei Dritter Weg derzeit hohe Wellen. Und das zu Recht.

 Der winzigen Gruppe „Dritter Weg“ ist es mit Hilfe des Verwaltungsgerichts Chemnitz gelungen, bundesweit Schlagzeilen zu machen.

Der winzigen Gruppe „Dritter Weg“ ist es mit Hilfe des Verwaltungsgerichts Chemnitz gelungen, bundesweit Schlagzeilen zu machen.

Foto: dpa/Arne Dedert

Der winzigen Gruppe Dritter Weg  ist es mit Hilfe des Verwaltungsgerichts Chemnitz gelungen, bundesweit Schlagzeilen zu machen. Ihr Plakat mit der Aufschrift „Hängt die Grünen“ beschreibt zwar sehr eindeutig eine Aufforderung zum Mord an Vertretern einer Partei, aber die Richter sehen das offenbar anders.

Das mag an dem Zusatz liegen, der auffordert, das Plakat zu verbreiten, auf dass der Dritte Weg als Partei sichtbarer werde. Aber verglichen mit der Schlagzeile hat der Zusatz Beipackzettel-Qualität. Kleingedrucktes liest kaum jemand. 

Selbstverständlich sind Richter in Deutschland frei in der Interpretation von Paragraphen.  Aber Interpretation gibt einen gewissen Spielraum. Diesen haben die Richter eindeutig genutzt. Leider nach rechts. Denn nun entsteht  der Eindruck, dass sich der Staat von gewissen Kreisen vorführen lässt. Die Kampagne der  Nazi-Partei kann nicht ernsthaft vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt sein.

Sie ist zu leicht durchschaubare Provokation mit dem Ziel, Schaden anzurichten. Sie will zeigen, dass dieses Deutschland nicht in der Lage ist, sich klar gegen Extremismus jedweder Art zu positionieren. Das Plakat stellt die Frage, ob die Demokratie in Deutschland noch wehrhaft ist. In Chemnitz ist sie das anscheinend nicht. Dabei hat der Mord am CDU-Landrat Walter Lübcke gezeigt, wohin radikale Kommunikation führen kann.

Nicht nur vor diesem Hintergrund, sondern auch nach dem Versagen im Kampf gegen den NSU ist die Frage erlaubt, ob Teile der staatlichen Organe die Gefahr von rechts nicht sehen können, oder ob sie das drohende Unheil gar nicht sehen wollen. Die Justiz in Deutschland agiert unabhängig. Das ist gut und richtig so. Die Schmach von Chemnitz gibt ihr nun die Chance zu beweisen, dass sie sich selbst auch hinterfragen und korrigieren kann.

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