Klimawandel Vier von fünf Bäumen in NRW gelten als geschädigt

Düsseldorf · Der Zustand des Waldes ist so schlecht wie seit Beginn der Erhebungen noch nie. Die Gründe: Sturm, Hitze, Borkenkäfer.

Erst kam der Sturm, dann die Dürre und der Borkenkäfer: Für den Wald in NRW ist das ein Dreiklang des Schreckens. Mit dem ersten Waldzustandsbericht ihrer Amtszeit als NRW-Umweltministerin legte Ursula Heinen-Esser (CDU) am Mittwoch zugleich den dramatischsten Befund seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1984 vor. Fast 80 Prozent der Baumkronen weisen mehr oder minder starke Schäden auf. Dieses Ergebnis, so die Ministerin, sei „sehr, sehr besorgniserregend“.

Das Orkantief Friederike Mitte Januar bildete den Auftakt für Dauerstress im Wald. Die Monate April bis August waren dann die wärmsten, sonnenreichsten und niederschlagärmsten Monate seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881. Zusammen mit den Sturmschäden entstanden so ideale Bedingungen für eine Massenvermehrung des Borkenkäfers in den Fichtenwäldern, die ein bisher nicht gekanntes Ausmaß annahm. Rund ein Drittel des Waldes in Nordrhein-Westfalen besteht aus Fichten.

Die Hälfte des Laubwaldes
weist starke Schäden auf

Aber der schlechte Befund ist nicht auf Fichten beschränkt: Auch die Hälfte aller Eichen weist deutliche Schäden auf, verstärkt durch Raupenfraß und eine klimabedingt außergewöhnlich hohe Zahl an Eicheln, deren Produktion die Bäume zusätzlich schwächt. Ähnliches trifft auf die Buchen zu, so dass rund 50 Prozent des gesamten Laubbaumbestandes derzeit als stark geschädigt gelten. Zudem litten die Jungbestände unter der extremen Wasserknappheit: Viele Eichen- und Buchenkulturen vertrockneten. Selbst der Kiefer, die noch am besten mit Wassermangel auskommt, gingen im Zusammenspiel mit starker Zapfenbildung zahlreiche Nadeln verloren.

Zur Bekämpfung der Käferplage wurde im Ministerium inzwischen eine Task Force „Borkenkäfer“ gebildet. Es gehe darum, das Schadholz schnell aus dem Wald abzutransportieren, um die Käfervermehrung einzudämmen, so Heinen-Esser.

Am 7. Dezember soll auf einem Symposium zudem das neue Waldbaukonzept NRW präsentiert werden. Mit ihm will das Land die zahlreichen Privateigentümer überzeugen, ihren Wald fitter für die Herausforderungen des Klimawandels zu machen. Dazu zählen Mischbestände, eine stärkere Altersabstufung und günstige Bedingungen für möglichst viele unterschiedliche Lebewesen. Das neue Internetportal Waldinfo.NRW ist Teil einer Informationskampagne.

Der Naturschutzbund (Nabu) NRW kritisiert die Pläne des Ministeriums. Das neue Waldbaukonzept berücksichtige einseitig die Profitinteressen der Forstwirtschaft und negiere damit weitere Waldfunktionen. „Das Konzept, den Wald für den Klimawandel vorzubereiten, indem man die Fichte durch andere Nadelhölzer aus Übersee ersetzt, greift zu kurz und ist eine zu einfache Lösung für ein vielschichtiges Problem“, sagt der NRW-Vorsitzende Josef Tumbrinck. „Die Anpassung heimischer Wälder an den Klimawandel ist eine Herkulesaufgabe.“

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