Deutsch-polnische Geschichte Verschollener Abendmahlskelch kehrt nach Masuren zurück

Düsseldorf · Seit dem Zweiten Weltkrieg war das wertvolle Stück von 1897 verschwunden. Ein polnischer Pfarrer entdeckte es im Internet wieder, die rheinische Kirche unterstützte den Rückkauf.

 Präses Manfred Rekowski (r.) und Christian Peter Barthelmes, Inhaber des Unternehmens F. W. Jul. Assmann, begutachten den Abendmahlskelch aus Mensguth nach seiner Aufarbeitung durch einen Silberschmied.

Präses Manfred Rekowski (r.) und Christian Peter Barthelmes, Inhaber des Unternehmens F. W. Jul. Assmann, begutachten den Abendmahlskelch aus Mensguth nach seiner Aufarbeitung durch einen Silberschmied.

Foto: Ekir

Den Namen kann man nicht erfinden. Sie hieß Gottliebe Liba. Und aus Liebe zu Gott und ihrer Gemeinde, so steht es zu vermuten, schenkte sie der evangelischen Kirche im ostpreußischen Mensguth einst einen Abendmahlskelch. Das liturgische Gerät aus reinem Silber hatte sie sich eine Menge kosten lassen. Ein halbes Jahresgehalt der damaligen Zeit könnte sie nach Expertenmeinung investiert haben.

Man schrieb das Jahr 1897 und die Familie Liba war den Chroniken zufolge eigentlich schon seit 17 Jahren nicht mehr in dem Ort ansässig. Was Gottliebe Liba dennoch zu ihrer großzügigen Spende veranlasst hat, bleibt im Dunkel der Geschichte. Dort liegt auch verborgen, auf welchen Wegen der Kelch in den Wirren des Zweiten Weltkriegs verschwand. Umso freudiger teilt die Evangelische Kirche im Rheinland (Ekir) nun mit, dass er am Sonntag wieder an seinen Ursprungsort zurückkehrt. Als Überbringer fungiert der rheinische Präses Manfred Rekowski, der selbst familiäre Wurzeln in Masuren hat.

Zufallsrecherche im Internet führt zu Kölner Auktionshaus

Mensguth trägt heute den polnischen Namen Dźwierzuty – und der dortige Pfarrer heißt Witold Twardzik. Bei einer zufälligen Internetrecherche stieß er vor einigen Monaten auf das Kölner Auktionshaus Van Ham und das schon versteigerte Objekt „Messkelch für eine Kirche in Mensguth, ehemals Ostpreußen“. Es hatte für 774 Euro bereits einen neuen Besitzer gefunden.

Der Pfarrer aus Polen knüpfte Kontakt zur Ökumeneabteilung im Düsseldorfer Landeskirchenamt der Ekir. Mit Unterstützung des Auktionshauses wurde Verbindung zum Käufer aufgenommen. Nach Ekir-Angaben reagierte der Mann „äußerst verständnisvoll“ und gab den gerade erst erworbenen Kelch wieder frei – „verbunden mit Segenswünschen und einem persönlichen Brief an die heute hundert Seelen zählende Gemeinde“.

Der Rückkauf und die fachmännische Aufarbeitung durch einen Silberschmied wurden mithilfe rheinischer Gemeinden finanziert. Denn der Hersteller war dank einer Gravur am Fuß des Kelches schnell lokalisiert: Es handelte sich um den in Kirchenkreisen hoch angesehenen Fachlieferanten F. W. Jul. Assmann aus Lüdenscheid, der mittlerweile in Remscheid ansässig ist. Der heutige Inhaber Christian Peter Barthelmes lobt den Abendmahlskelch aus den Anfangsjahren des Traditionsunternehmens als „sehr schönes Stück“. Die Firma für Kirchenbedarf war zum Zeitpunkt der Schenkung gerade mal sieben Jahre alt.

Präses Rekowski wird das wiedergefundene Stück am Sonntag im Rahmen eines Konzerts übergeben. „Der zurückgekehrte Kelch möge in besonderer Weise ein Friedenskelch sein“, wünscht er sich. Diese symbolische Bedeutung wird der Kelch gleich schon am 1. September übernehmen, dem Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen.

An dem Tag, der in diesem Jahr auf einen Sonntag fällt, feiern die evangelischen Gemeinden von Mönchengladbach-Rheydt und Pasym (Passenheim) einen gemeinsamen Skype-Gottesdienst. Passenheim ist die Muttergemeinde des 14 Kilometer entfernten Mensguth. Und wenn in Polen dann im Rahmen des Gottesdienstes die Feier des Abendmahls ansteht, christliches Zeichen der Verbundenheit mit Jesus Christus und untereinander, wird dabei der Abendmahlskelch der Gottliebe Liba wieder seine ursprüngliche Funktion erfüllen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort