„Phantom-Studenten“ : Tausende sind nur scharf auf das NRW-Semesterticket
Düsseldorf Für ihren Semesterbeitrag bekommen Studierende in NRW auch ein praktisch unbegrenztes Ticket für den Öffentlichen Nahverkehr. Das nutzen Tausende aus, die gar nicht studieren. Ist das überhaupt legal? Und was sagen Verkehrsverbünde und Unis dazu?
Einen Hörsaal hat Felix Schulz (Name geändert) seit langem nicht mehr von innen gesehen. An Haltestellen steht der Berufstätige dennoch als Student: Er ist an einer Hochschule eingeschrieben, weil er deutlich günstiger als zu regulären Preisen mit Bussen und Bahnen fahren will. „Ein Semester-Ticket hat in Nordrhein-Westfalen für mich einfach das beste Preis-Leistungs-Verhältnis“, sagt der Anfang 30-Jährige im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Wie ein Betrüger fühle er sich aber nicht: „Ich nutze eine Lücke, die sich leicht schließen ließe.“
Seinen echten Namen will er trotzdem nicht veröffentlicht wissen. Seit Jahren ist er an einer der großen Unis in NRW eingeschrieben, damit er das Semesterticket bekommt. Auch für das Anfang April gestartete Semester hat er sich wieder zurückgemeldet. Jedes Halbjahr muss er zwar rund 300 Euro Semesterbeitrag an seine Uni überweisen - aber das rechnet sich: Denn mit dem Studententicket kann er in ganz NRW grenzenlos Busse und Bahnen benutzen. So spart Schulz nach eigenen Berechnungen mehrere hundert bis über tausend Euro im Jahr. Selbst Azubis - ihr Ticket, das ab August kommen soll, kostet bis zu 82 Euro je Monat - zahlen mehr als er.
Ist das illegal?
Illegal ist das, was Schulz macht, aus Sicht eines Rechtsanwaltes nicht: „Es ist nicht verboten, es gibt keinen Studierzwang“, sagt der Siegener Experte für Hochschulrecht, Christian Birnbaum. „Man kann diese Fälle politisch als Missbrauch sozialer Vergünstigungen ansehen. Rechtswidrig ist das Verhalten nicht“, sagt auch der Landeschef des Deutschen Hochschulverbandes, Christian von Coelln.
Was rechtens ist, muss aber nicht richtig sein, findet der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS). „Das ist ein fatales Zeichen für die Gesellschaft“, sagt ein VRS-Sprecher. Denn neben den Erlösen aus dem Ticketverkauf bekommen die Verkehrsbetriebe Geld von der Öffentlichen Hand. Schein-Studenten wie Felix Schulz fahren damit auf Kosten der Allgemeinheit verbilligt durch NRW. Die Verkehrsverbünde wissen aber auch: Stoppen können sie die „Semesterticket-Studenten“ nicht.
Hochschulen in der Pflicht
Für den Hochschulverband handelt es sich bei den Schein-Studierenden um ein Phänomen, dem allenfalls an den Unis begegnet werden könne. Das sieht auch das Wissenschaftsministerium so: Die Hochschulen könnten über die Prüfungsordnungen „Einfluss auf die Dauer des Studiums nehmen“. Damit wäre nach mehreren Semestern ohne Scheine irgendwann Schluss.