Rente Das Rätsel Rentenbescheid

ESSEN · Neurentner müssen nachvollziehen können, wie viel Geld sie bekommen.

 Die Deutsche Rentenversicherung darf die Rentenbescheide nach dem Urteil nun nicht weiter verkürzt aushändigen.

Die Deutsche Rentenversicherung darf die Rentenbescheide nach dem Urteil nun nicht weiter verkürzt aushändigen.

Foto: picture alliance / Julian Strate/Julian Stratenschulte

Renteninformation und Rentenauskunft sind Serviceleistungen der Rentenversicherungen, die die künftigen Rentner alle paar Jahre darüber informieren, was sie finanziell im Ruhestand zu erwarten haben. Beim Rentenbescheid hingegen wird es ernst. Der kommt, wenn es so weit ist, der Ruhestand also ansteht. Dann wird dem oder der Betroffenen amtlich und verbindlich vorgerechnet: So, das ist es jetzt, so viele Entgeltpunkte haben Sie im Arbeitsleben gesammelt. Und daraus errechnet sich, was Sie demnächst monatlich überwiesen bekommen.

Dass da ein großes Interesse besteht, diese Rechnung auch nachvollziehen zu können, ist klar. Aber das scheint bei den seit sechs Jahren von der Rentenversicherung verschickten Rentenbescheiden nicht der Fall zu sein. Zwar lobt sich die Rentenversicherung selbst dafür, dass „die modernen Bescheide kürzer und übersichtlicher“ sind. Doch eben das gefällt nicht allen. Denn der Rentenbescheid ist schließlich ein Verwaltungsakt, den man, wenn man rechtlich dagegen vorgehen will, auch verstehen muss.

Eben dies scheint nicht so leicht zu sein. Jedenfalls hatte eine Neurentnerin das Landessozialgericht Essen auf ihrer Seite. Die Richter bescheinigten der Rentenversicherung zwar grundsätzlich die gute Absicht, die Bescheide persönlicher und verständlicher zu formulieren. Allerdings dürfe das  nicht dazu führen, dass man komplexe Regelungen auf Kosten der Nachvollziehbarkeit einfach weglasse.

Die Neurentnerin hatte beklagt, dass sie gar nicht verstehen könne, welche Berechnungsgrundlagen zugrundegelegt wurden, um die für ihre Rentenhöhe maßgeblichen Entgeltpunkte zu kalkulieren. Sowohl das Sozialgericht Aachen in erster als auch das Landessozialgericht Essen in zweiter Instanz gaben ihr Recht. Ohne diese Berechnungsgrundlage sei der Bescheid nicht ausreichend begründet.

Ein Urteil, das der Bundesverband der Rentenberater begrüßt. „Ohne Berechnungsanlagen sind die Rentenbescheide nicht einmal für Fachleute nachprüfbar, von Laien ganz zu schweigen.“, sagt Verbandspräsidentin Anke Voss.“ Die Deutsche Rentenversicherung dürfe die Rentenbescheide nun nicht weiter verkürzt aushändigen und solle die Berechnungsanlagen künftig wieder beifügen. Zwar hätten die nun für ungenügend erklärten Bescheide der Rentenversicherung einiges an Porto, Druckkosten und auch Beratungsaufwand gespart – allerdings auf Kosten der Nachvollziehbarkeit und damit zu Lasten der Versicherten.

Die Deutsche Rentenversicherung hingegen kritisiert das Urteil des Landessozialgerichts und hat dagegen Revision eingelegt. Die Behörde betont: Anders als das LSG Nordrhein-Westfalen hätten andere Gerichte vollständig die Sichtweise der Deutschen Rentenversicherung geteilt. Das LSG Sachsen habe sich in seinem Urteil vom März 2021 der Rechtsaufassung der Rentenversicherung angeschlossen und ausgeführt, dass der Bescheid ausreichend begründet sei. Er enthalte die "maßgebend tragenden Erwägungen zur Berechnung der Rente". Dazu gehörten die Darstellung des Versicherungsverlaufes, die in den Anlagen dargestellten Grundsätze zur Ermittlung der berücksichtigten Entgeltpunkte sowie der Anlage "Rente und Hinzuverdienst". Zudem werde im Rentenbescheid darauf hingewiesen, dass bei Bedarf weitergehende Auskünfte und Berechnungen zum Bescheid von der Rentenversicherung kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Auch hätten eine Reihe von Sozialgerichten die Rechtsauffassung der Rentenversicherung bestätigt.

Für die Deutsche Rentenversicherung sei es wichtig, dass die Bescheide verständlich bleiben. Daher verzichte man auf seitenlange Berechnungsdetails mit Zahlenkolonnen und erläutere stattdessen in verständlichen Worten, wie die Rente berechnet wurde. Hieran wolle man im Interesse der Rentnerinnen und Rentner festhalten. Über die Revision muss demnächst das Bundessozialgericht entscheiden.

Landessozialgericht Essen, Az. L 18 R 306/20

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