Überflutete Ostparksiedlung in Düsseldorf Ostparksiedlung evakuiert

Update | Grafenberg/Gerreshe · Der Starkregen hat die Düssel zum Überfluten gebracht, die Anwohner der Ostparksiedlung wurden gebeten, ihre Häuser zu verlassen.

 Die Düssel trat über die Ufer und überschwemmt Straßen und Gärten – die Ostparksiedlung wurde evakuiert.

Die Düssel trat über die Ufer und überschwemmt Straßen und Gärten – die Ostparksiedlung wurde evakuiert.

Foto: dpa/Henning Schoon

Seit 66 Jahren wohnt Rainer Haverkamp schon in der Ostparksiedlung, idyllisch gelegen nahe der Düssel – doch so etwas hat er noch nie gesehen. Schon in der Nacht zu Mittwoch standen hier die ersten Keller unter Wasser und der Starkregen ließ auch den Tag über nur selten nach. Die Folge: Überflutete Straßen, vollgelaufene Keller – und der Dauereinsatz von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW). Am Nachmittag bittet die Stadt die Anwohner, ihre Häuser zu verlassen, in der Gesamtschule Graf-Recke-Straße wird eine Sammelstelle eingerichtet. Um 15.30 Uhr wird der Strom abgestellt, um Kurzschlüsse zu verhindern und weil sich unterhalb der Siedlung wichtige Trafostationen der Stadtwerke befinden.

Entlang der Düssel in der Siedlung haben Anwohner und Feuerwehr Sandsäcke gestapelt und Bretter angebracht, um die Wassermassen aufzuhalten. Teilweise vergeblich, sagt Rainer Haverkamp: „Mein Keller ist schon halb vollgelaufen, aber ich wohne im Oberparterre, bis dahin sind es zwei Meter.“ Er will deshalb auch über Nacht bleiben.

„Ich habe Vorräte für zwei bis drei Tage“, sagt er – fragt aber zur Sicherheit noch einmal bei einem Feuerwehrmann nach, ob die Evakuierung eine Anordnung oder eine Bitte sei. „Eine freiwillige Maßnahme“, sagt dieser, „aber wir empfehlen, Haustiere, Wertsachen und Medikamente einzupacken und die Siedlung zu verlassen. Und am besten auch das Auto mitzunehmen.“

Rund 1000 Menschen sind von dieser in der Stadtgeschichte wohl einzigartigen Maßnahme betroffen. „Ein Jahrtausendhochwasser“, sagt Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU), als er sich am späten Nachmittag gemeinsam mit Ordnungsdezernent Christian Zaum, der den am Morgen einberufenen Krisenstab leitet, und Ingo Noppen vom Stadtentwässerungsbetrieb ein Bild von der Lage macht.

„Das ist eine schwierige Situation für die Anwohner“, sagt Keller, „und ein Hochwasser, wie es das noch nie gegeben hat in Düsseldorf.“ Zudem habe sich die Lage rasend schnell entwickelt, Stadt, Feuerwehr, Ordnungs- und Servicedienst (OSD) und Polizei sowie das herbeigerufene THW hätten ihr Bestes gegeben, ebenso schnell zu reagieren.

Im ganzen Stadtgebiet treten an diesem Tag Bäche und Flüsse über die Ufer – dass es die Ostparksiedlung so schlimm trifft, liegt Ordnungsdezernent Zaum zufolge daran, dass diese niedriger liegt als die Umgebung. „Dadurch sammelt sich das Wasser hier besonders“, so Zaum. Zudem gebe es keine Ablaufmöglichkeiten, „wenn die Düssel über die Ufer tritt, dann steht das Wasser.“ Mit anderthalb bis zwei Metern Wasserstand sei in den Gebäuden im schlimmsten Fall zu rechnen.

Ein Starkregenereignis wie dieses habe es zwar noch nie gegeben, sagt Keller außerdem, durch den Klimawandel könne man dies für die Zukunft allerdings nicht ausschließen. „Das ist keine gute Nachricht“, so der Oberbürgermeister, „aber das erwarten wir und darauf bereiten wir uns vor.“

Polizisten bewachen den Damm nahe dem Spielplatz an der Gaststätte Am Ostpark, der Sand wird derweil in Säcke gefüllt. Immer wieder gehen Anwohner mit ihren Habseligkeiten vorbei oder fragen mit Gummistiefeln und Schippen ausgerüstet, wo sie helfen können. Das Lokal versorgt Anwohner und Helfer den ganzen Tag über mit Pizza und Currywurst – zumindest so lange, wie es Strom gibt. Eine Frau sagt, ihr Garten sei innerhalb von sieben Minuten überschwemmt worden, und schaut so, als könne sie es selbst immer noch gar nicht glauben.

Doch die Ostparksiedlung hält zusammen, berichtet Rolf Buschhausen, Anwohner, Ratsmitglied und Vorsitzender des Kleingartenvereins an der Diepenstraße. Auch dessen Gelände sowie Halle und Platz des DSC 99 wurden überschwemmt. „Wir haben hier in der Siedlung eine eigene App, für Notfälle“, sagt Buschhausen, dort seien noch in der Nacht die ersten Notrufe eingegangen. Sofort hätten sich hunderte Helfer gefunden, seitdem sei man nahezu ununterbrochen dabei, gemeinsam mit Feuerwehr und THW Sandsäcke zu stapeln. „Außerdem helfen wir allen, die ihre Häuser nicht selbst verlassen können.“ Ältere seien – wenn sie zu Hause bleiben wollten – ins erste Obergeschoss gebracht worden. „Und für alle Fälle ist die Gaststätte die ganze Nacht geöffnet“, sagt Buschhausen. Seit 43 Jahren wohnt er hier – und auch er sagt: „Das gab es noch nie.“

Er glaubt, dass eine Baugrube für Teile der Überschwemmungen verantwortlich sein könnte. Diese sei rasend schnell vollgelaufen und habe dann die umliegenden Grundstücke geflutet. „Am Vormittag sah es hier schlimmer aus“, sagt Buschhausen. An der Zweibrückenstraße etwa seien zu diesem Zeitpunkt schon die ersten Keller vollgelaufen. Anwohnerin Daniela Potthoff hatte in ihrer Verzweiflung selbst das THW gerufen: „Kommen Sie und helfen uns, uns schwimmen die Häuser weg.“

Um weiteren Schaden von der Siedlung abzuhalten, werden noch am Abend 25.000 zusätzliche Sandsäcke gebracht. 700 Meter lang und rund 30 Zentimeter hoch soll der Schutzdamm werden, Feuerwehr und THW wollen die ganze Nacht vor Ort sein. Ob der Damm standhält, ist jedoch ungewiss. Bis 6 Uhr am Morgen soll es weiter regnen – den Anwohnern der Ostparksiedlung steht eine lange Nacht bevor.

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