Ungünstiger Zeitpunkt? Chaos nach Kötter-Ausstieg am Düsseldorfer Flughafen erwartet - Firma will sich neu bewerben

Düsseldorf · Die Sicherheitsfirma Kötter hört in Düsseldorf vorzeitig auf. Flughafen und Verdi üben scharfe Kritik am Zeitpunkt kurz vor den Sommerferien. Danach will die Firma sich dann wieder für den Auftrag bewerben - zu anderen Kondition.

 Noch hängen die Mitarbeiter der Security-Firma am Flughafen Düsseldorf in der Luft. Verdi setzt auf einen geregelten Betriebsübergang.

Noch hängen die Mitarbeiter der Security-Firma am Flughafen Düsseldorf in der Luft. Verdi setzt auf einen geregelten Betriebsübergang.

Foto: picture alliance / dpa/Hannibal Hanschke

Mehr als 200 der 1100 Beschäftigten der Security-Firma Kötter sind am Montag zu einer Betriebsversammlung am Flughafen Düsseldorf zusammengekommen. Auf Transparenten der Gewerkschaft Verdi war „Schluss mit Überlastung“ als unmissverständliche Mitteilung zu lesen. Schon seit Jahren kritisiert Verdi die schlechten Arbeitsbedingungen für das Sich­erheitspersonal am Airport. Da die Essener Sicher­heitsfirma jetzt zum 31. Mai und damit  sieben Monate früher als geplant aus dem Vertrag für die Passagier- und Gepäckkontrollen aussteigt, ist die Verunsicher­ung groß.

„Das Drama muss ein Ende haben“, sagte Verdi-Fachbereichsleiterin Andrea Becker – sie spielte damit nicht nur auf die  gestressten Mitarbeiter an, sondern auch auf die langen Warteschlangen an den Kontrollbändern, die im Sommer 2017 ihren Höhepunkt erreichten und erst am Wochenende um Allerheiligen wieder für Unmut sorgten. „Das Personal fehlt. Die Probleme sind hausgemacht. Mit dem vorzeitigen Ausstieg hat Kötter zugegeben, dass etwas nicht stimmt“, sagte Becker.

Kötter muss hohe Verluste einkalkulieren

Der Sicherheitsdienstleister selbst hatte für den Ausstieg betriebswirtschaftliche Gründe angeführt. Es gebe kaum mehr Luft nach oben, die Kontrollen könnten unter den aktuellen Bedingungen nicht mehr abgewickelt werden. Das Unternehmen müsse Verluste in Millionenhöhe einstecken, hatte Kötter-Geschäftsführer Peter Lange kürzlich gegenüber dieser Zeitung bestätigt. Der  pauschale Stundensatz könne die gestiegenen Personalkosten nicht decken.

Dass  Kötter seinen Mitarbeitern in der Vergangenheit sogenannte „Bleib-Gesund/Durchhalte-Prämien“ als zusätzliche Motivation zahlte, sei aus unternehmerischer Sicht sicher nicht förderlich gewesen, hieß es am Montag aus dem Verdi-Umfeld. Zu diesem gehört auch  SPD-Landesfraktionschef Thomas Kutschaty, der am Montag zu den Kötter-Beschäftigten sprach und sich mit seiner Partei schon lange landesweit dafür einsetzt, dass der Staat diese Aufgabe wieder übernimmt. „Wer Luftfahrtsicherheit haben will, muss auch den Beschäftigten Sicherheit bieten“, erklärte er. Der Wettbewerb der Sicherheitsfirmen sollte Kosten sparen, führte in der Vergangenheit aber auch zu hohem Druck  – und zu Fehlern. Kutschaty: „Man kann über die Privatisierung streiten, aber Angebote zu Dumpingpreisen müssen der Vergangenheit angehören.“ So ist es für die Gewerkschaft auch nicht prioritär, wer die Kontrollen durchführt, sondern dass sie tariftreu und im Sinne der Mitarbeiter verlaufen. Verdi kritisiert vor allem den Zeitpunkt des Ausstiegs. „Das muss ein geordneter Betriebsübergang werden, es darf nicht wieder Chaos entstehen“, sagte Becker mit Blick auf die neue Ausschreibung.

Auch der Düsseldorfer Flughafen befürchtet Probleme im anstehenden Sommerreiseverkehr – mit 50 Prozent mehr Reisenden als im Winter.  „Anfang 2020 muss klar sein, wer ab Sommer für die Kontrollen zuständig ist, damit das Unternehmen ausreichend Personal rekrutieren und ausbilden kann“, so ein Flughafensprecher. „Der neue Vertrag zwischen Bundespolizei und Dienstleister sollte zwingend klare Qualitätsvorgaben etwa mit Blick auf die Personalausstattung und Kontrollgeschwindigkeit enthalten, wie es in der Wirtschaft üblich ist.“ Der Airport biete sich an, das Bundesinnenministerium dabei zu beraten, wie ein solches Belohnungs- und Strafsystem gestaltet werden könnte.

Verdi geht davon aus, dass es zu einem Betriebsübergang kommen wird, der dann allen aktuellen Mitarbeitern – auch denen mit einem Zeitvertrag – Tarifsicherheit gibt. Daher pocht die Gewerkschaft darauf, dass der Auftrag nicht etwa wie am Flughafen Frankfurt gesplittet wird. Dort arbeiten drei private Firmen parallel: Die I-Sec und die Frasec, ein Tochterunternehmen des börsennotierten Flughafenbetreibers Fraport, sowie Fraport selbst. „Das führt uns in den Ruin. Für die Sicherheit der Beschäftigten brauchen wir nur einen Dienstleister“, sagte Becker.

Kötter hatte erklärt, sich zu besseren Rahmenbedingungen in Düsseldorf wieder bewerben zu wollen. Der neue Vertrag müsse auf jeden Fall einen Personalpuffer gewährleisten, den Sozialpartner anerkennen und insgesamt besser bezahlt werden.Gewerkschaftssekretär Özay Tarim kritisierte, dass Kötter den Zuschlag 2014 gar nicht erst habe erhalten dürfen, da die Kalkulation von Anfang an nicht auf Basis des seinerzeit gültigen Tarifvertrags habe basieren können und auf Unterkante genäht gewesen sei. 140 Überlastungsanzeigen von Luftsicherheitsassistenten allein im Sommer 2017 hätten gezeigt, dass viel zu wenig Personal vorhanden und das vorhandene in Spitzenzeiten überfordert  sei. Mit dem neuen Vertrag müssten die Mitarbeiter endlich nicht mehr be-, sondern entlastet werden.

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