Zwei Betroffene erzählen von Lichen sclerosus Unbekannt und spät entdeckt: Eine Krankheit im Niemandsland

Wuppertaler Betroffene erzählen von Lichen sclerosus.

 Werner Mendling vom Helios-Klinikum.

Werner Mendling vom Helios-Klinikum.

Foto: Helios/Michael Mutzberg

Doris Geppert ist 66 Jahre alt. Vor zwei Jahren wurde bei ihr Lichen sclerosus diagnostiziert, eine chronisch entzündliche Hauterkrankung, die bei Frauen überwiegend im Genitalbereich auftritt. Sie äußert sich durch Juckreiz, Brennen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Seit ihrer Diagnose ist Doris Geppert bei Werner Mendling in Betreuung – Leiter des Deutschen Zentrums für Infektionen in Gynäkologie und Geburtshilfe am Helios Klinikum – und einer der wenigen Experten, der mit der Behandlung von Lichen sclerosus vertraut ist.

Rund 0,1 Prozent Mädchen, 1 Prozent Frauen mittleren Alters und 3 Prozent Frauen nach den Wechseljahren erkranken an Lichen sclerosus, erklärt Mendling. Oft bleibe die Autoimmunerkrankung unerkannt und jahrelang unbehandelt. Der Grund dafür: Da es sich um eine Hautkrankheit handelt, zählt sie zu den Weiterbildungsinhalten der Dermatologie. Kaum eine Frau allerdings sucht mit Beschwerden im Intimbereich einen Hautarzt auf. Frauenärzte hingegen sind in den meisten Fällen nicht mit dem Krankheitsbild vertraut. „Man befindet sich also oft im dermatologisch-gynäkologischem Niemandsland“, resümiert Mendling.

So verhielt es sich auch bei Doris Geppert. Beschwerden wie immer wiederkehrender Juckreiz und ein Gefühl des Wundseins begleiteten sie seit ihrer Kindheit. Aktivitäten wie Fahrradfahren und Reiten kamen für sie lange nicht in Frage. Erst im Alter von 64 Jahren äußerte eine Gynäkologin den Verdacht auf Lichen sclerosus. Nach eigener Recherche stieß Geppert auf Doktor Werner Mendling. In Folge einer Untersuchung durch den Gynäkologen stellte sich heraus, dass Gepperts Frauenärztin mit ihrer Diagnose zwar richtig lag, die Behandlung jedoch falsch angesetzt hatte.

Die Krankheit
verschwindet nicht

Mittlerweile hat sich die 66-Jährige mit Lichen sclerosus arrangiert. „Für mich ist das keine Krankheit, sondern eine Befindlichkeit, mit der richtigen Behandlung kann ich damit leben“, sagt sie und berichtet stolz, dass sie 60 Kilometer mit dem Mountainbike gefahren sei – früher undenkbar. Behandelt wird die Hautkrankheit mir Kortison- und Fettcremes – ein Leben lang. „Die Krankheit verschwindet nicht. Kortison ist für uns das A und O“, erklärt Geppert.

Vera Bauer, die ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, erhielt erst vor zwei Wochen die Diagnose Lichen sclerosus. Ursächlich suchte die 28-Jährige Werner Mendling zur Behandlung anderer Beschwerden auf. Durch Zufall entdeckte er die Krankheit bei ihr. Da Vera Bauer zudem seit Jahren an Neurodermitis leidet, waren auch andere Beschwerden für sie „irgendwie normal“. „Ich habe dem keine besondere Beachtung geschenkt, zumal meine Gynäkologen nie ein Problem festgestellt haben.“

Die Diagnose riss ihr dann im ersten Moment den Boden unter den Füßen weg. „Vor allem, als Doktor Mendling mir erklärte, dass Lichen sclerosus zudem das Risiko für Krebs erhöhe.“ Nach wie vor schwirren der 28-Jährigen viele Fragen durch den Kopf: Wird die Krankheit die Partnerschaft beeinträchtigen? Wie verhält es sich im Falle einer Schwangerschaft? Umso wichtiger findet sie es, offen über Lichen sclerosus zu sprechen, um nicht nur andere Frauen, sondern auch Männer für das Krankheitsbild zu sensibilisieren.

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