Tierschutz Tierschutzvereine verlieren Einfluss

Düsseldorf · Wenn der NRW-Landtag das Gesetz zur Mitwirkung der Verbände nicht verlängert, erlischt auch deren Klagerecht. Eine gerichtliche Kontrolle möglicher Missstände ist dann nicht mehr möglich.

Umstrittene Haltung von Legehennen: Seit 2013 können Tierschutzverbände gegen behördliche Entscheidungen in Sachen Tierschutz notfalls auch per Klage vorgehen.

Umstrittene Haltung von Legehennen: Seit 2013 können Tierschutzverbände gegen behördliche Entscheidungen in Sachen Tierschutz notfalls auch per Klage vorgehen.

Foto: picture alliance / dpa/Julian Stratenschulte

Eigentlich müsste der Landtag am Mittwoch in Sachen Tierschutz gar nichts tun.  Dann greift ein Automatismus, der bedeutet: Aus für das Verbandsklagerecht und die Mitwirkungsrechte der Tierschutzverbände. Denn das entsprechende Gesetz trägt ein Verfallsdatum – den 31. Dezember   2018. SPD und Grüne wollen eben dies aber nicht so einfach geschehen lassen und beantragen daher, dass das Gesetz weiter in Kraft bleibt. Sie warnen: den Tierschutzverbänden dürfe nicht die Chance genommen werden, die Umsetzung und Einhaltung von geltendem Tierschutzrecht zu kontrollieren.

Ob dieses 2013 noch mit rot-grüner Mehrheit verabschiedete Gesetz der richtige Weg ist, sollte die Zeit zeigen. So war es von Anfang an beschlossen. Eine Evaluation, also eine Bewertung der Praxis-Erfahrungen, sollte darüber entscheiden, ob es über 2018 hinaus gilt. Mittlerweile ist bekanntlich in NRW eine andere Mehrheit an der Macht, CDU und FDP waren von Anfang an skeptisch.

Nach der mittlerweile vorliegenden Evaluation hatte  das Umweltministerium neun Vereine anerkannt, die sich durch Mitwirkung und Klagemöglichkeit für den Tierschutz einsetzen dürfen. Dazu zählen neben dem Tierschutzbund auch „Animal Rights Watch“ und der Verein „Ärzte gegen Tierversuche“.

Bei Tierschutzfragen beteiligte Behörden und Tierschutzvereine wurden nun nach ihren Erfahrungen mit dem Gesetz gefragt.  Und zwar dazu, wie die Vereine etwa bei Genehmigungen von Tierställen oder Tierversuchen mitgewirkt haben. Oder auch bei behördlichen Erlaubnissen zum Schächten von Tieren, zum Schnabelkürzen bei Legehennen oder zum Schwänzekürzen  bei Kälbern. Die Behörden beklagen laut Evaluationsbericht einen teils „unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand“, der ihnen durch die Mitwirkung der Tierschutzvereine entstehe.

Die Zahl der von den Vereinen erhobenen Klagen gegen die für den Tierschutz zuständigen Kreisordnungsbehörden  hält sich indes in Grenzen.  Seit 2013 waren es nur sieben. In einem Fall ging es um das „Gänsereiten“. Dabei wird eine zuvor getötete Gans an einem Seil aufgehängt, und die unter dem Seil hindurchreitenden Reiter versuchen, dem toten Vogel im Vorbeireiten den Kopf abzureißen. In anderen Fällen stritt man um eine Hundezucht, um die Haltung lebender Hummer und um die Schweinehaltung.

Pro und Kontra zu der Beteiligung der Tierschutzvereine

Kritiker des Gesetzes sagen, in den meisten Verfahren gehe es um sehr grundsätzliche Fragen, in denen vielmehr eine grundsätzliche Leitentscheidung des Gesetzgebers gefragt sei. Die Klärung solcher Probleme solle nicht zwischen Tierschutzvereinen und Behörden vor den Verwaltungsgerichten ausgetragen werden. Doch laut Evaluation gibt es auch Gegenstimmen, die sagen: Durch Intervention von Tierschutzvereinen könnten routinierte Arbeitsweisen überdacht und korrigiert werden, was am Ende dem Tierschutz zugute komme.

Während die Tierschutzverbände in der geringen Zahl von Klagen gerade einen verantwortungsvollen Umgang mit diesem Instrument sehen, interpretiert die schwarz-gelbe Landesregierung dies ganz anders. Die geringe Zahl der Klagen deute darauf hin, dass sich ein etwaiger Dissens zwischen den Behörden und Tierschutzvereinen über grundsätzliche Fragen  zum Tierschutzrecht in der Regel einvernehmlich klären lasse. Ohne dass es  einer  weiteren gerichtlichen Klärung bedürfe.

Damit ist vorgezeichnet, dass die schwarz-gelbe Mehrheit mit den Stimmen der AfD und gegen SPD und Grüne das Gesetz auslaufen lässt. Damit würde auch den noch laufenden Gerichtsverfahren die Basis entzogen. Auch das von „Animal Rights Watch“ gegen den Kreis Steinfurt. Der Vorwurf: die Behörde habe tierschutzrechtliche Verstöße in der Schweinemast Schulze Föcking nicht ernst genommen. Der Hof der früheren NRW-Umweltministerin und CDU-Abgeordneten also. Ein Thema, auf das die Opposition am Mittwoch im Landtag gewiss zu sprechen kommen wird.

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