NRW : Theologieprofessoren protestieren gegen Segnungsverbot
Münster So etwas hat es in der katholischen Kirche lange nicht mehr gegeben: Mehr als 230 Theologieprofessoren und -professorinnen aus dem deutschen Sprachraum protestieren in einer am Montag veröffentlichten Stellungnahme gegen das vom Vatikan erlassene Segnungsverbot für homosexuelle Paare.
Die Erklärung der römischen Glaubenskongregation sei „von einem paternalistischen Gestus der Überlegenheit geprägt“ und diskriminiere homosexuelle Menschen und ihre Lebensentwürfe, kritisieren die Experten. „Von dieser Position distanzieren wir uns entschieden. Wir gehen demgegenüber davon aus, dass das Leben und Lieben gleichgeschlechtlicher Paare vor Gott nicht weniger wert sind als das Leben und Lieben eines jeden anderen Paares.“
In vielen Gemeinden würden Priester, Diakone und andere Seelsorger und Seelsorgerinnen Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare anbieten. „Wir begrüßen diese würdigenden Praktiken ausdrücklich“, stellen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler klar. Der Erklärung der Glaubenskongregation fehle es an theologischer Tiefe und argumentativer Stringenz. „Werden wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert und nicht rezipiert, wie es in dem Dokument der Fall ist, untergräbt das Lehramt seine eigene Autorität.“
Die von einer Arbeitsgruppe der Universität Münster entworfene Stellungnahme war bis Montagnachmittag von 236 Theologieprofessoren unterzeichnet worden. Die römische Glaubenskongregation hatte am Montag vergangener Woche klargestellt, dass homosexuelle Paare nicht gesegnet werden dürften, da dies „objektiv“ nicht Gottes Wille sei.
Der konservative Bischof von Passau, Stefan Oster, hatte danach erklärt, er sei dankbar für die Klarstellung und verbinde damit „die Hoffnung, dass sie Orientierung gibt, die angenommen wird, und damit auch größere Einmütigkeit befördert“. Tatsächlich ist jedoch das Gegenteil eingetreten: Das Vorgehen des Vatikans hat in der katholischen Kirche in Deutschland einen Proteststurm entfacht.
Die Stellungnahme der Theologieprofessoren erinnert an die sogenannte Kölner Erklärung von 1989. In diesem Memorandum mit dem Titel „Wider die Entmündigung“ hatten ebenfalls mehr als 220 Theologieprofessorinnen und -Professoren die nach ihrer Meinung autoritäre Kirchenpolitik des damaligen Papstes Johannes Paul II. kritisiert. Zu den Unterzeichnern gehörten unter anderem Hans Küng, Johannes Gründel, Edward Schillebeeckx und Peter Hünermann.