NRW fehlen die Ärzte Telenotärzte sollen in NRW Leben per Live-Chat retten

Düsseldorf · NRW fehlen die Ärzte – besonders auf dem Land. Per Video im Krankenwagen zugeschaltete Mediziner sollen Abhilfe schaffen.

 Pilotprojekt in Aachen: Telenotärztin Michaela Schneider sitzt in der Leitstelle und ist mit Rettungssanitätern verbunden, die vor Ort eine Schlaganfallpatientin behandeln.

Pilotprojekt in Aachen: Telenotärztin Michaela Schneider sitzt in der Leitstelle und ist mit Rettungssanitätern verbunden, die vor Ort eine Schlaganfallpatientin behandeln.

Foto: dpa/Marius Becker

Künftig kommt der Notarzt per Kamera zum Patienten. Zumindest bei einigen Einsätzen, in denen der Notruf getätigt wurde.  Eine Absichtserklärung dazu haben NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU), Vertreter von Ärztekammer, Krankenkassen und anderen kommunalen Spitzenverbänden am Dienstag unterzeichnet.

Bis Ende 2022 soll in jedem Regierungsbezirk mindestens ein Telenotarzt-Standort in den Betrieb aufgenommen werden. Eine Zusammenarbeit der Kommunen sei dafür unerlässlich. „Die Telenotärzte sollen als Unterstützung dienen. Die Notärzte vor Ort sollen damit nicht abgeschafft, sondern zielbewusster eingesetzt werden“, sagte Minister Laumann. Damit sei das Tele-Notarztsystem eine Ergänzung der bereits vorhandenen Strukturen.

 Unterschrieb am Europäischen Tag des Notrufs (11.2.) eine Absichtserklärung über die Telenotärzte: NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). 

Unterschrieb am Europäischen Tag des Notrufs (11.2.) eine Absichtserklärung über die Telenotärzte: NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). 

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Vor allem die in ländlichen Räumen lebende Bevölkerung könne davon profitieren. „Wir müssen eine gute Versorgung sicherstellen, aber auch auf unsere Ressourcen achten“, sagte Laumann. Das Rettungspersonal vor Ort soll den Notarzt per Kamera zuschalten, denn nicht immer sei ein Notarzt vor Ort erforderlich. Via Bildschirm bekommen die Ärzte dann Messdaten, beispielsweise Puls, Blutdruck und Atmung übermittelt. „Wir können mit der Digitalisierung Wissen unabhängig vom Ort machen“, sagte Laumann.

Modellversuch in Aachen

Seit 2014 läuft ein Modellversuch in Aachen. „Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist vorhanden. Unter den Rettungsdienstlern war das schwieriger“, sagt Anja Sommer vom Aachener Institut für Rettungsmedizin und zivile Sicherheit. 5,2 Notärzte stellen in Aachen die 24/7-Versorgung sicher.  „Der Telenotarzt arbeitet 3000 Einsätze im Jahr ab. Da gibt es noch Kapazitäten.“ Um diese vollständig auszulasten, seien noch weitere Regionen in den Versorgungsbereich zugeschaltet worden. Die technische Verbindung zwischen Rettungswagen und Telenotarzt funktioniere gut.

„Die Geräte sind mit drei Sim-Karten ausgestattet“, erklärt Sommer. Funklöcher seien bisher kein Problem. „Die Ergebnisse sind so gut, dass es fahrlässig wäre, das nicht zu machen“, sagte Laumann bezüglich des Ausbaus des Telenotarztes. Für die besondere Ausbildung der Telenotärzte sind die Ärztekammern zuständig. „Das Telenotarztsystem kann flächendeckend die Notfallversorgung maßgeblich unterstützen und flächendeckend einen sinnvollen Beitrag leisten“, sagte Rolf Buchwitz von der AOK Rheinland/Hamburg. Die Kosten sollen die Krankenkassen übernehmen.

„Wichtig ist uns, dass die landesweite Einführung von Telenotärzten kein Sparprogramm wird. Vielmehr erwarten wir, dass die Qualität der ambulanten Notfallversorgung hierdurch insgesamt gesteigert wird“, sagte der Unterzeichner für die kommunalen Spitzenverbände, Martin Klein.

Düsseldorf bekommt 2021 Telenotarzt

In Düsseldorf soll der erste Telenotarzt im kommenden Jahr eingerichtet werden. Ebenfalls weit fortgeschritten in den Planungen ist die Region Westfalen-Lippe. Laut Ärztekammerpräsident dieser Region, Hans Albert Gehle, haben sich die Rettungseinsätze in den vergangenen Jahrzehnten massiv erhöht. So seien vor rund 30 Jahren in Gelsenkirchen 1,5 Rettungswagen pro Nacht im Einsatz gewesen, heutzutage seien es 4,5. „Manche brauchen keinen Notarzt. Die brauchen nur eine Beratung“, sagte Gehle.

Wo früher beispielsweise Nachbarn konsultiert worden seien, würde heute sofort der Rettungsdienst alarmiert. Gehle sieht den Vorteil insbesondere im Gewinn wertvoller Minuten. Denn mit dem neuen System sei die „ärztliche Kompetenz im Rettungsfall schneller als bisher verfügbar“. In Nordrhein-Westfalen gilt eine Hilfsfrist von acht Minuten im städtischen Bereich. Auf dem Land muss zwölf Minuten nach Alarmierung ein Rettungswagen vor Ort sein.

Wie viele Stellen es insgesamt geben soll, konnte Minister Laumann noch nicht beziffern. Eine Analyse der Universität Maastricht empfiehlt eine Versorgung von 1 bis 1,5 Millionen Menschen pro Telenotarzt-Standort.

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