„Tatort“ aus Bremen Das neue Trio harmoniert bei seinem Einstand prächtig

Köln · Der Bremer Tatort feiert am Pfingstmontag die Premiere seines neuen Ermittler-Trios. Das lohnt sich.

 Das neue Bremer Ermittler-Team (v. links): Linda Selb (Luise Wolfram), Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Mads Andersen (Dar Salim)

Das neue Bremer Ermittler-Team (v. links): Linda Selb (Luise Wolfram), Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Mads Andersen (Dar Salim)

Foto: dpa/Christine Schroeder

Am Pfingstmontag nimmt ein neues, vielversprechendes „Tatort“-Team seine Arbeit auf: Mit dem Krimidrama „Neugeboren“ geben Jasna Fritzi Bauer und Dar Salim ihren Einstand in Bremen. Luise Wolfram, die schon zuvor neben Sabine Postel und Oliver Mommsen zu sehen war, rückt auf Augenhöhe. Wie dieses Trio bei seinem ersten Fall um ein verschwundenes Baby und einen getöteten jungen Mann zusammenfindet, ist beste Unterhaltung.

Düster, sprunghaft und stimmungsvoll geht es los. Eine Schlägerei zwischen zwei Männern im strömenden Regen. Eine schwangere Frau bringt in ihrer Wohnung ohne Hilfe ihr Baby zur Welt. Ein junger Mann rennt zur Weser und wirft irgendwas ins Wasser. Ein anderer sitzt hoch oben über der Stadt und blickt herab auf die glitzernden Lichter. Dazu kraftvoll atmosphärische Musik und die ruhige Stimme von Jasna Fritzi Bauer, die aus dem Off ein bisschen altklug philosophiert: „Dass es sich wendet, ein ganzes Leben, um 180 Grad, in einem einzigen Moment, das kommt vor, gar nicht so selten. Bei Mord immer.“

„Neugeboren“ spielt in einem Hochhausblock am Rande der Stadt, bewohnt von Menschen am Rande der Gesellschaft: Ein gescheiterter Ex-Fußballer, der sich mit Alkohol betäubt. Junge Männer, die in Drogenkonsum flüchten. Junge Frauen, die Kinder kriegen, weil Babys ein Statussymbol sind. Geschichten aus einem prekären Milieu, von Menschen, die darauf hoffen, „dass es sich wendet, ein ganzes Leben“. Oder die diese Hoffnung schon aufgegeben haben.

Wie sich zeigt, passt das neue Bremer Trio ausgezeichnet in diese Art „Tatort“ mit seinen ungeschönten Bildern und Figuren. Die junge Kommissarin Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) aus Bremerhaven trifft am Morgen in einer nervösen, von Sirenengeheul und Polizei-Durchsagen aufgeschreckten Stadt ein. Die Suchaktion nach dem verschwundenen Baby sorgt dafür, dass Moormann noch vor dem Vorstellungsgespräch die erste Chance zur Bewährung erhält. Denn nun wird auch noch ein Toter gemeldet: ein junger Mann, der offenbar aus großer Höhe von einem leerstehenden Gebäude stürzte.

Wobei Liv Moormann die Chance eher eigenmächtig ergreift, gegen den Willen von Kommissariatsleiter Rolf Harmsen (Christian Aumer). Der hatte Mads Andersen (Dar Salim) gebeten, sich vor seiner Rückkehr nach Kopenhagen noch schnell des neuen Falls anzunehmen. Die hartnäckige, unerschrockene Neue mit dem schiefen Lächeln und der geheimnisvolle Cop aus dem Ausland mit den originellen Wortschöpfungen („Der Tod ist eben hinterlustig“) beschnuppern sich, geben aber schon bei den ersten Ermittlungen ein unkompliziert wirkendes Team ab.

Andersen ist ein ruhiger, professioneller Typ, der als „Angestellter im Polizeidienst“ andere machen lässt und nur eingreift, wenn es nötig ist. Dann aber richtig. Dass der dänische Serien- und Kino-Star Dar Salim („Borgen“, „Game of Thrones“, „Killing Mike“) verpflichtet werden konnte, ist ein echter Coup, der ausgerechnet dem „Tatort“ der kleinen ARD-Anstalt Radio Bremen internationales Flair verleiht. Bleibt zu hoffen, dass der ehemalige dänische Undercover-Ermittler Andersen seinen Koffer auch irgendwann auspackt, um doch in Bremen zu bleiben. Dar Salim hatte bereits im Jahr 2014 eine Episodenrolle im Bremer „Tatort – Brüder“ übernommen. Da war er, wie so oft, der finstere Bösewicht arabischer Abstammung.

Das Verhältnis im Ermittler-Trio ist trotz des dänischen Stars ziemlich ausgewogen, ohnehin konnte ja mit Jasna Fritzi Bauer („Rampensau“) auch eine populäre Jung-Schauspielerin gewonnen werden. Sie ist hier in ihrer Paraderolle als freche, unterschätzte junge Frau zu sehen, die sich im Handstreich den Respekt ihrer Umgebung sichert.

Bauers Energie, Salims Coolness und dazu die unverblümte Art, mit der Luise Wolfram die aus dem Bremer „Tatort“ bereits bekannte BKA-„Wunderwaffe“ Linda Selb spielt – das ist durchaus eine starke Mischung. Linda Selb kümmert sich um die verzweifelte Mutter (Morgane Ferru), deren Baby im Krankenhaus verschwunden ist.

Zum Einstand des Bremer Teams hat der erfahrene Drehbuch-Autor Christian Jeltsch ein verwickeltes Milieu-Drama geschrieben, den die Schweizer Regisseurin Barbara Kulcsar mit hoher Intensität und in einem lebensnahen Look inszenierte. So kann es beim „Tatort“ an der Weser gerne weitergehen.

(red)
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