Wuppertaler können sich Kultur jetzt bis an die Haustür liefern lassen Tanzhaus verlegt den Tanz nach draußen

 Die Idee ist aus der Not heraus entstanden. „Wir wollen tanzen, wir wollen auf die Bühne, also haben wir nach alternativen Möglichkeiten gesucht, denn der Tanz ist unser Lebenselixier“, sagt Luca Völkel.

 Tanzlehrer Luca Völkel und Schülerin Sophie Savtchenkov haben ihre Performances nach draußen verlegt.

Tanzlehrer Luca Völkel und Schülerin Sophie Savtchenkov haben ihre Performances nach draußen verlegt.

Foto: ANNA SCHWARTZ

Er unterrichtet am Tanzhaus in Wuppertal und studiert Tanz in Frankfurt. Von ihm ist die Idee, mit Tanzvorstellungen nach draußen zu gehen. „Wir wollen Tanz, Kultur und Bühnenerlebnisse an Menschen vermitteln und sie dafür begeistern. Deshalb beliefern wir Wuppertal mit Tanz vor der eigenen Haustür“, sagt er.

Dem Publikum und auch den jungen Tänzern will Luca Völkel diese Erlebnisse bieten. Es gibt einen Pool von zehn Künstlern, die, immer frisch getestet und immer zu zweit, in die Gärten, Vorgärten oder auf die Straße gehen. Dorthin, wo Kunden die Tanzperformance sehen wollen, denn die kann man buchen.

Am Mittag vor der ersten Performance proben die Schülerin Sophie Savtchenkov (12) und ihr Trainer Luca Völkel (19) im großen Ballettsaal. Sophie beginnt. Ausdrucksstark schwebt sie durch den Raum. Mit schwerelos wirkenden Bewegungen kommt Luca hinzu. Ihre Körper erzählen von Nähe und Distanz und von der Suche. Immer raumgreifender gestalten sie ihren faszinierenden Pas de deux. Spannungsgeladen und expressiv, dann wieder weich fließend sind ihre Bewegungen. Am Schluss trägt Luca Sophie auf seinen Schultern. Sie blicken in die Zukunft. Während er die naheliegenden Dinge zu ordnen scheint, zeigt Sophie Weitblick und schaut offen auf das, was kommen mag.

Das Projekt Tanzkultour stellt drei unterschiedliche Choreographien zur Auswahl. Über Musik, Dauer und Besonderheiten der Performance werden die Kunden telefonisch beraten. Als das Tanzhaus das Angebot bekanntmachte, gab es gleich etliche Interessenten. Einige sind jedoch abgesprungen, als sie erfuhren, dass eine Vorstellung 120 Euro kostet. „Für Choreographie, Proben, Proberaum, Musikaufnahmen, Anfahrt und eine Live-Vorstellung mit zwei Tänzern oder Tänzerinnen ist das nicht zu viel“, sagt Kristopher Zech, der Betreiber des Tanzhauses Wuppertal.

„Tanz ist mehr als nur die
körperliche Betätigung“

Er ist Unternehmer, Arbeitgeber, Choreograph, Dozent für Bühnentanz und seit einem Jahr vor allem Krisenmanager. „Vor gut 25 Jahren habe ich ein Projekt gegründet, aus dem über die Jahre hinweg das Tanzhaus Wuppertal entstanden und gewachsen ist“, sagt Zech. Viele Kinder und Jugendliche haben hier ihre Kindheit und Jugend verbracht, das Tanzhaus wurde ein regelmäßiger Treffpunkt für alle Altersgruppen. „Nun haben durch den anhaltenden Lockdown erste Kinder und Jugendliche bereits den Spaß an ihrem Hobby verloren“, berichtet er. „Unser Unterricht findet online über Zoom statt, wir lassen uns viel einfallen, aber auf Dauer ist das zu wenig“, sagt Zech und Luca Völkel ergänzt: „Tanz ist mehr als nur die körperliche Betätigung. Das Miteinander fehlt und die Emotionen, die zum Tanz dazugehören.“ Positiv sieht Kristopher Zech, dass von 420 Schülern 270 dem Tanzhaus treu geblieben sind. „Wir versuchen, optimistisch in die Zukunft zu blicken, um Perspektiven und Motivation zu schaffen.“

Am Nachmittag findet bei Sonnenschein die erste Vorstellung statt. Eine Wuppertalerin schenkt sie ihrer Freundin zum Geburtstag. Der Ort, der Garten der Beschenkten, entpuppt sich als echte Herausforderung. Die Wiese geht steil den Hang hinauf und grenzt an eine Fabrikmauer. Eine ebene Tanzfläche gibt es nicht. Wahrlich geerdet tanzen Luca und Sophie auf kleinem Raum zwischen Osterglocken und Traubenhyazinthen. Sie beziehen den knorrigen alten Baum und auch Steine und Blumen in ihren Tanz mit ein. Die Perfomance gewinnt noch mehr an Lebendigkeit. „Wir werden sehen“ heißt es in dem Lied, das als schneller Remix durch den Garten klingt. Manchmal scheint das, wonach die Tänzer suchen, hier im Garten greifbar nah zu sein.

Das fünfköpfige Publikum, das mit Masken und Abstand im Garten sitzt, applaudiert begeistert. An dieses besondere Geburtstagsgeschenk werden sich alle noch lange erinnern.

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