Flüchtlinge : Stamps Bleiberecht-Erlass trifft nur wenige Geduldete
Düsseldorf Integrationsminister will Perspektiven für gut Integrierte. Doch sein Erlass hilft nicht, sagen Flüchtlingsberater.
Wenn es um ausländische Straftäter geht, kehrt NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) gern den harten Hund heraus. Andererseits kämpft er dafür, dass gut integrierte Menschen auch bleiben können, wenn ihr Asylantrag abgelehnt wurde. Jetzt hat er einen Erlass an die Ausländerbehörden verschickt, um den gesetzlichen Spielraum zugunsten gut integrierter Geduldeter auszunutzen und für sie eine Bleibeperspektive zu erreichen. Aber: „In der Praxis ergeben sich da Schwierigkeiten“, sagt Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrates NRW. Die Regelung dürfte nur eine kleine Zahl von Menschen betreffen.
Stamp selbst hatte hohe Erwartungen an den Erlass bei einer Pressekonferenz gedämpft. Er wisse nicht, wie viele Menschen so die Chance auf einen geregelten Verbleib in NRW bekommen könnten. Naujoks drosselt Hoffnungen noch weiter: „Die Hürden sind nach wie vor hoch.“ Sie erkenne zwar die Bemühungen des Ministers an, jedoch müsse auch er sich nun einmal im Rahmen des Bundesrechts bewegen.
„Der Erlass ist ungewöhnlich“, sagt auch Uwe Marquardt vom Verein „Flüchtlinge willkommen in Düsseldorf“, der in der Landeshauptstadt Asylbewerber und Geduldete berät und begleitet. „Es klingt erst mal gut.“ Ein entscheidendes Problem ergebe sich allerdings beim Passus „Passpflicht/Identitätsklärung“: Demnach obliegt es dem Ausländer, an der Beschaffung von Identitätspapieren mitzuwirken. Auch für eine Ausbildung, durch die eine gesicherte Duldung erzielt werden könnte, sei ein Pass oder Ersatzpapier unabdingbar. „Ohne Pass kein Bleiberecht“, erklärt Marquardt ganz simpel. „Aber die allermeisten Flüchtlinge etwa aus Afrika haben keinen Pass.“
Viele Menschen scheitern wohl schon an der Passpflicht
So gebe es bei Menschen aus Guinea praktische Schwierigkeiten mit den konsularischen Institutionen. Im Falle von Somalia würden pauschal alle nach 1991 ausgestellten Papiere als Fälschung angesehen. „Ein Flüchtling aus Somalia, der später geboren wurde, kann nie deutscher Staatsbürger werden – und wenn er noch so schön arbeitet und Deutsch lernt“, so der Berater. Andere Geflüchtete hätten zwar prinzipiell Aussicht auf einen Pass – doch beispielsweise Iraner trauten sich oftmals nicht zu ihrer Botschaft, um ihn zu beantragen, aus Angst vor dem Geheimdienst; Gleiches gelte für Kriegsdienstverweigerer aus Syrien.
Doch auch bei weiteren Voraussetzungen, die Stamps Erlass benennt, sieht Marquardt Probleme: So werden Deutschkenntnisse vorausgesetzt, um ein Bleiberecht zu bekommen. Sprachkurse würden aber nur für anerkannte Flüchtlinge bezahlt – „Flüchtlinge willkommen in Düsseldorf“ hilft hier etwa mit Kursen durch Ehrenamtler. Laut Naujoks vom Flüchtlingsrat sind Geduldete auch bei Maßnahmen zur Nachqualifizierung für die Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen im Nachteil – da investiere der Staat eher in die, die auch bleiben könnten.