Stadtentwicklung Tönisvorst 2035 Spaziergänger mit Visionen für Vorst und St. Tönis

Vorst/St. Tönis · Mehr als 1000 Tönisvorster haben bereits Fragebögen zur „Stadtentwicklung 2035“ ausgefüllt zurückgesandt. Nun nutzten 50 Bürger die Gelegenheit, mit hiesigen und auswärtigen Stadtplanern ihre Ortskerne zu begehen. Stärken und Schwächen wurden kommentiert, viele Anregungen notiert.

 An der Pfarrkirche St. Cornelius trafen sich 30 Teilnehmer zum Stadtteilspaziergang durch St. Tönis. In zwei Gruppen ging es danach vom Kirchplatz aus zu zwölf Etappenzielen im Ort.

An der Pfarrkirche St. Cornelius trafen sich 30 Teilnehmer zum Stadtteilspaziergang durch St. Tönis. In zwei Gruppen ging es danach vom Kirchplatz aus zu zwölf Etappenzielen im Ort.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Stadtplaner Joachim Sterl vom Architekturbüro „postwelters/partner“ ist nach dreieinhalb Stunden beeindruckt. Die hat er am Samstag kreuz und quer durch Vorst zurückgelegt. Sein Fazit: „Die Diskussions- und Anregungsbereitschaft der Vorster war sehr rege. Eine sehr konstruktive Stimmung. Bemerkenswert!“

Bemerkenswert, sagt Jörg Friedenberg, Fachbereichsleiter Stadtplanung der Stadtverwaltung, sei auch der Rücklauf der gezielt an 3000 Tönisvorster Bürger ausgeteilten Fragebögen: 1000 Bögen zum „Stadtentwicklungskonzept Tönisvorst 2035“ sind bereits ausgefüllt zurück. Ein Top-Wert. Deutlich über den erwartbaren zehn Prozent.

20 Bürger treffen sich in Vorst,
30 laufen durch St. Tönis

Ideen und Visionen: Vorster und St. Töniser wollen nach verhaltenem Interesse zum Projektstart immer mehr mitwirken, Themen setzen. In Vorst haben sich 20 Bürger und Lokalpolitiker der Einladung zum Spaziergang angeschlossen. In St. Tönis sind es zeitgleich 30.

Der Vorster Rundgang führt von Etappenpunkt Markt, über Kuh- und Hauptstraße, Eduard-Heinkes-Platz, Clevenstraße und weiter. Er ist wie die St. Töniser Tour ein Angebot der Stadtplaner aus Dortmund und der Tönisvorster Stadtverwaltung. Die Spaziergänge sind Puzzleteile im Rahmen des langfristig angelegten Projekts „Stadtentwicklungskonzept 2035“, kurz „Stek 2035“ genannt.

Wo liegen die Stärken, wo die Schwächen der Ortsteile? Welche Ideen sollte man weiterdenken? Was passt zum Ort?

Joachim Sterl: „Sehr deutlich wurde in Vorst das Problem fehlender Stellplätze für Autos und die Frage, wie man den Markt, die gute Stube des Ortes, gestalten könnte.“ Das Parken sei als wichtiges Thema vorher bereits ablesbar gewesen, sagt er, „aber so haben wir es noch einmal in eigener Anschauung und im Detail gehört“. Man werde sicher keine Lösung finden, die alle glücklich mache. Aber die Aufenthaltsqualität im Ort sei vielen auch besonders wichtig.

Am Startpunkt Markt vor St. Godehard ist schon kaum ein Wegkommen. Autofrei, ja oder nein? Die Lokalpolitik, unter anderem Christiane Tille-Gander, Michael Schütte, Helge Schwarz und Uwe Leuchtenberg sind vor Ort, kennt das Thema in allen seinen Facetten.

Eine Bürgerin schlägt vor, den Marktplatz in den Sommermonaten für Autos zu sperren. Oder, kleinere Lösung, wenigstens am Wochenende. Wie wäre es mit einer Poller-Regelung? Der Platz mit Eisdiele, Bäckerei und Schreibwaren Fliegen werde schließlich stark genutzt. Die Pflasterung des Markts gefällt, die Bäume, die Atmosphäre auch. Schönere Bänke stehen auf dem Wunschzettel. Könnten Bürger Patenschaften für Blumenkübel und Beete übernehmen?

Shuttle-Bus-Lösung für
ältere Kirchgänger

Kirchgänger, die nicht mehr gut zu Fuß seien, könnten mit Kleinbussen zur Messe gebracht werden, um das Parken vor St. Godehard zu reduzieren - eine weitere Idee, die Sterl notiert. Während des Gesprächs am Samstag parken viele Wagen unerlaubt auf dem Markt. Ein Vorschlag aus der Runde: Wie wäre es, Parkplätze hinter der Kirche zu schaffen?

Ein Vorster fordert eine ganzheitliche Betrachtung ein: „Im Ort fehlen Parkplätze. Der Parkplatz Gerkeswiese müsste besser ausgewiesen und über einen beschilderten und beleuchteten Weg an der Vorster Grundschule vorbei in den Ortskern führen.“

Auf der Kuhstraße wird der Durchgangsverkehr beklagt, der im Berufsverkehr von der Süchtelner Straße aus kurzerhand die Abkürzung durch den Ort nimmt. Und dass ein höheres Tempo als Schrittgeschwindigkeit gefahren wird. Ob man mal eine Einbahnstraßenregelung für eine Testphase ausprobieren könne? Sterl notiert die Anregung.

Auf der als Spielstraße ausgewiesenen Kuhstraße ploppt das Thema Parken angesichts der künftigen Baustelle rund um das ehemalige Pfarrhaus wieder hoch. Die GWG wird dort zwei Mehrfamilienhäuser bauen. Ohne Tiefgarage. Der kleine Privatparkplatz neben dem Schuhgeschäft „5 Zehen“, der zu dem Geschäft gehört, soll künftig möglicherweise während der Geschäftszeiten mit einer Schranke versehen werden. Dort parken nicht nur Kunden. Am Eduard-Heinkes-Platz sind sich wohl alle einig: Eine schöne Visitenkarte von Vorst ist der Platz nicht. Man nehme ihn als solchen gar nicht wahr, sagt ein Vorster. Die unschönen Kübel, die den Platz von der Straße trennen, könnten durch eine Hecke oder Pergola ersetzt werden und den Platzcharakter stärker betonen, ist eine Idee. Sterl: „Hier ist grundsätzlich eine große Maßnahme notwendig.“ Mitspaziergänger sind dafür, das Parkangebot für Anwohner zu erhalten.

Unterstützung bei Suche nach Gewerbe-Immobilien erwünscht

Eine Bürgerin wünscht sich mehr Unterstützung durch die Stadt bei Suche nach Gewerbe-Immobilien für Büro und Einzelhandel. Und regt an, leerstehende Ladenlokale in Wohnraum umzunutzen.

Ein großes Thema des Rundgangs ist auch das Fahrradfahren. Bürger wünschen sich das Signal: „Radfahren in Vorst ist geschätzt und sicher!“ Dazu schlägt ein Bürger vor, Radwege rot zu markieren, wie an der Kniebeler Straße, um sie den Autofahrern bewusster zu machen. Als Beispiel dient der Radfahrübergang entlang der Süchtelner Straße von der Kuh- über Raedtstraße. Radwege sollten sich in Farbe, Pflaster oder durch Markierung stärker von Fußgängerwegen unterscheiden. Da schließt sich auch ein Kreis zu Parkplätzen: Die ausgewiesenen Flächen seien im Ortskern in der Dunkelheit kaum auszumachen, sagte eine Bürgerin.

St. Tönis: In zwei Gruppen durch den Ort unterwegs

Zum Stadteilspaziergang in St. Tönis treffen sich so viele interessierte Einwohner im Schatten der Pfarrkirche, dass sich zwei Gruppen auf entgegengesetzten Runden auf den Weg durch die Innenstadt machen. Die Mischung der Gruppen kann unterschiedlicher kaum sein. Um Benedikt Reitz vom Büro „postwelters/partner“ scharen sich viele junge Erwachsene, um Jasmin Brunke mehrheitlich ältere. Was am Ende insbesondere für die Zusammenfassung der Ergebnisse zu interessanten, weil unterschiedlichen Einschätzungen zu Sachthemen führen wird.

Zwölf Anlaufpunkte sind geplant. „Dass ist die beste Idee seit Jahren“, heißt es aus dem Kreis der Einwohner, unter ihnen auch Alt-Bürgermeister Albert Schwarz und Hans Joachim Kremser, Vorsitzender des Planungsausschusses, sowie weitere mit politischem Hintergrund.

Die Runde der eher älteren Teilnehmer stößt schon am ersten Haltepunkt in der Nähe der Hochstraße auf einen Aspekt, der sich – wie in Vorst – durch den ganzen Rundgang zieht: Parken in der Innenstadt und der Verkehr in der Innenstadt.

Sei es rund um die Kirche, der Konflikt zwischen Auto und Fußgänger auf dem Parkplatz am Alten Markt oder oft unübersichtlichen Kreuzungen. Benedikt Reitz und Jasmin Brunke machen sich viele Notizen. Auch zu möglichen Lösungsansätzen: Einbahnstraßen im Ort? Mehr Grün statt Parkplätze? Welche Ideen gibt es noch, um Autos weitgehend aus der Innenstadt heraushalten zu können? „Shuttle“ war ein Stichwort.

Womit die Gruppen schnell bei Aspekten wie dem Leben in der Innenstadt anlangen. „Wo können die Leute draußen sitzen?“ Diese Frage taucht am Alten Markt, im Seulenhof und auf der Hochstraße auf.

Mehr Außengastronomie wird gewünscht. Wobei vielen auch die Grenzen des Planbaren bewusst werden. Was kann die Stadt tun, was nicht? Das Spiel von Angebot und Nachfrage kommt auf.

Auch Fragen, wo Jugendliche und Teenager sich im Ort treffen können. Damit verbunden schließen sich Fragen des Miteinanders der Generationen an, wie zu dem Zusammenspiel von Erholungswert eines Parks und dem Spielbedürfnis der ganz jungen Nutzer.

Erkennbar wird immer wieder, dass die Planungen dahin gehen müssen, weniger Autos in der Innenstadt zu erreichen.

Das Mitreden geht weiter. Themen der Stadtentwicklung kann man auch online kommentieren und anregen. Dort ist zu „Stek 2035“ eine interaktive Karte hinterlegt, auf der man Kommentare hinterlassen kann. Sie fließen als Anregungen und Hinweise in die Auswertung des Dortmunder Büros und der Stadtverwaltung mit ein:

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