Betreuung Tagesmütter: Wie Wuppertal die Bezahlung neu regelt

Wuppertal · Stundengenaue Abrechnung der Betreuungszeit stößt nicht überall auf Begeisterung – die Folge sind Existenzängste.

 Nicht bei allen Tagesmüttern kommt die neue Bezahlregelung der Stadt Wuppertal an.

Nicht bei allen Tagesmüttern kommt die neue Bezahlregelung der Stadt Wuppertal an.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Beate Milpetz ist zufrieden. Die Tagesmutter betreut seit neun Jahren in ihrer Wohnung in Oberbarmen fünf Kinder. Mit Beginn des neuen Kitajahres haben sich die Rahmenbedingungen für sie zum Besseren verändert. Denn die Geldleistung der Stadt Wuppertal wird seit dem 1. August 2020 stundengenau abgerechnet. Zusätzlich bekommt jede Tagesmutter eine Stunde pro Kind und Woche als mittelbare Arbeit vergütet. Darunter fällt zum Beispiel die Bildungsdokumentation, Kommunikation mit Ämtern sowie Elterngespräche. Milpetz bekommt aufgrund der neuen Richtlinie nun 41 Stunden anstatt 40 Stunden bezahlt. „Ich finde die Regelung fairer und transparenter“, sagt Beate Milpetz, die mit 220 Tageseltern in der Initiative Tagespflegepersonen organisiert ist.

Die Richtlinien über die Förderung in Kindertagespflege und über die Festsetzung der Höhe der Geldleistung für Kindertagespflegepersonen wurde geändert, weil es im KiBiz NRW (Kinderbildungsgesetz) so vorgeschrieben ist. Die neue Berechnung der Geldleistungen kommt aber nicht bei allen gut an. Denn bisher wurden die Tagesmütter und -väter in Fünferschritten entlohnt. Wenn Eltern eine Betreuung über 32 Stunden gebucht hatten, bekam die Tagesmütter 35 Stunden bezahlt. Der Stundensatz liegt bei 5,25 Euro pro Stunde und Kind. Wenn eine Tagesmutter zum Beispiel fünf Kinder 32 Stunden pro Woche betreut, ergibt sich jetzt durch die stundengenaue Abrechnung eine Differenz von knapp 290 Euro pro Monat.

Im Netzwerk von Beate Milpetz gibt es Tagesmütter, die die neue Regelung kritisieren. „Die stoßen bei mir aber auf taube Ohren“, sagt sie. Bei einer stichprobenartigen Umfrage der WZ wollte sich eine Tagesmutter nicht zum Thema äußern. Jasmina Makaric, die zusammen mit Sylvia Paganello die Großtagespflege Häschengrube am Sedansberg betreibt, sagt: „Jetzt haben wir noch keine Auswirkungen.“ Sie gehe aber davon aus, dass sich das bei neun betreuten Kindern auswirkt. Makaric empfindet die neue Regelung als Abzug, nachdem die Geldleistungen erhöht worden sind.

„Ich finde es persönlich richtig“, sagt hingegen Sabine Hufschmidt von der Wichtelvilla Wuppertal in Ronsdorf. Es sei jetzt ein bisschen weniger, aber sie betreue zusammen mit der Tagesmutter Christina Weber die Kinder nicht voll. „Denen, denen es richtig schwer fällt, sind die Großtagespflegen mit angemieteten Räumen“, sagt Hufschmidt. Die hätten meist 45 Stunden-Verträge abgeschlossen. „Da fällt einiges weg.“ Mietkosten werden mit bis zu fünf Euro pro Quadratmeter von der Stadt unterstützt. Die Nebenkosten müssen die Tagesmütter selbst tragen. „Wenn man 35 Stunden bezahlt bekommen möchte, muss man die auch arbeiten“, so Hufschmidt. Allerdings sollten die Eltern mehr partizipieren können. Die Elternbeiträge werden weiterhin in Fünferschritten erhoben.

„Die Elternbeiträge sind 2019 an die Beiträge für Kitas angeglichen worden“, sagt Michael Neumann, Stadtbetriebsleiter Tageseinrichtungen bei der Stadt Wuppertal. Früher sei die Tagespflege teurer als die Kita gewesen, auch sorge die neue Staffelung der Einkommensstufen für mehr Gerechtigkeit. „Der Vorteil ist, dass es eine einheitliche Regelung für Kitas und die Tagespflege gibt“, so Neumann.

Die Kritik an der stundengenauen Abrechnung kann Neumann nicht nachvollziehen. „Viele der Veränderungen wurden von den Tagesmüttern gefordert“, sagt Neumann und zählt die Vorteile auf: Die Geldleistungen sind erhöht worden und unterliegen einer Dynamisierung. Sie werden künftig automatisch angepasst. Außerdem gibt es eine Vertretungsregelung für den Fall, dass eine Tagesmutter unvorhergesehen erkrankt. Die stundengenaue Abrechnung und eine Entlohnung für die mittelbare Arbeit mache die Arbeit in der Kindertagespflege attraktiver.

Michael Neumann konnte keine Angaben dazu machen, ob die neue Richtlinie der Stadt mehr oder weniger Geld bringt. Die Kommunen sind durch die Kosten für einen Kitaplatzes am meisten belastet. Der Zuschuss des Landes NRW und die Elternbeiträge decken nur einen geringen Teil der Kosten ab. Den größten Teil bei der Finanzierung der Betreuung muss die Kommune stemmen. Die Stadt zahle immer drauf, so Neumann.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort